US-Wahlkampf:Trumps größte Angst? Öffentlich gedemütigt zu werden

  • Der Pulitzer-Preisträger Michael D'Antonio hat der New York Times Transkripte seiner Interviews mit Donald Trump überlassen.
  • Die Aufnahmen zeigen, wie ehrgeizig Trump ist - selbst beim Skifahren erträgt er es nicht, wenn eine Frau besser ist als er.

Von Matthias Kolb, Washington

Mehrmals musste Donald Trump für seine Firmen Bankrott erklären. 1995 musste er in seiner Steuererklärung einen Verlust von 915 Millionen Dollar ausweisen und viele seiner Projekte (Trump Airlines oder die Kasinos in Atlantic City) entwickelten sich zu grandiosen Flops. Doch trotz allem sagt der Geschäftsmann: "Ich bin in meinem Leben nie gescheitert, weil ich jede Niederlage in einen Erfolg verwandelt habe."

Diese erstaunliche (und für Wahlkampfbeobachter wenig überraschende) Aussage machte Trump in einem von mehreren Interviews, die er 2014 dem Pulitzer-Preisträger Michael D'Antonio gab. D'Antonio veröffentlichte im vergangenen Jahr seine Biografie "Die Wahrheit über Donald Trump" und hat nun die Transkripte seiner Gespräche mit Trump der New York Times (NYT) zur Verfügung gestellt (weil er Trumps Kandidatur so kritisch sieht, hatte er das Material auch der Clinton-Kampagne überlassen, die daran jedoch weniger Interesse zeigte).

Die NYT präsentiert dieses Material nun in mehreren Episoden ihres The Run-Up-Podcasts und was bisher zu lesen und zu hören ist, bestätigt den Eindruck über Donald Trump: Er ist ein rastloser, sehr ehrgeiziger Geschäftsmann, der gierig nach medialer Aufmerksamkeit ist und es hasst, öffentlich gedemütigt zu werden. Weil auch D'Antonio lange mit Trumps Ex-Frau Ivana und den drei Kindern Donald jr. Ivanka und Eric reden konnte, kann er den Präsidentschaftskandidaten der Republikaner gut beurteilen.

Trump hasst es, ignoriert oder öffentlich gedemütigt zu werden

So berichtet Ivana, die exzellent Ski fahren kann (auch wenn sie anders als von Trump behauptet, keine Olympia-Teilnehmerin war), von einem Winterurlaub in Colorado. Trump sei den Berg heruntergefahren, habe gestoppt und gerufen: "Komm schon, Baby. Komm schon!" Als sie ihr Können zeigte, wurde Trump wütend, berichtet Ivana: "Er schnallte seine Skier ab, zog die Stiefel aus und ging ins Restaurant. Er konnte es nicht ertragen. Er konnte es nicht ertragen." Dies lässt eine andere Aussage Trumps "Es ist wirklich schwer, mit mir verheiratet zu sein" in einem anderen Licht erscheinen.

Trump erzählt D'Antonio auch, wie begeistert er als Schüler davon war, dass erste Mal seinen Namen in der Zeitung zu lesen: "Ich habe es geliebt. Ich habe es geliebt." Seit Jahrzehnten bezahlt er eine Firma dafür, ihm morgens einen Pressespiegel zu präsentieren - und die Artikel sieht er bis heute täglich durch. Übrigens: Als er erfuhr, dass die NYT das Material auswerten und publizieren werde, teilte der 70-Jährige per Statement mit: "Das ist ziemlich altes und ziemlich langweiliges Zeug. Ich hoffe, es gefällt den Leuten."

"Die meisten Leute haben meinen Respekt nicht verdient"

Im letzten Gespräch spricht er darüber, wie essentiell die öffentliche Aufmerksamkeit sei: Er liebe das Gefühl, einen riesigen Raum zu betreten und von der Menge umgeben zu sein, als wäre er ein Magnet. "Das fing von einer langen Zeit an und bis heute war es immer so", sagt Trump. Ob ihn das nicht manchmal nerve, will D'Antonio wissen. Trumps Antwort: "Nein. Es würde mich nerven, wenn es nicht passieren würde."

An anderer Stelle spricht Trump davon, dass er keine Helden habe und nicht gern in die Vergangenheit zurückblicke: "Es geht mir nur um die Zukunft und die Gegenwart." Der Einfluss des ebenso dominanten wie fordernden Vaters Fred habe Donald sehr geprägt - ebenso wie die Jahre an der Militärakademie, wo jedes Zeichen von Schwäche bestraft wurde. Er habe gelernt, sich nur auf sich selbst zu verlassen, sagt Trump seinem Interviewer: "Meistens zeige ich keinen Respekt, denn die meisten Leute haben meinen Respekt nicht verdient."

In den kommenden Tagen wird die New York Times weitere Podcast-Folgen und Artikel veröffentlichen, die das Urteil vieler US-Amerikaner über Donald Trump nicht verändern dürften. Was bisher bekannt ist, lässt jedoch nicht vermuten, dass der Republikaner nach der sich abzeichnenden Niederlage Hillary Clinton gratulieren und sich zurückziehen wird. Niederlagen kommen in seinem Weltbild nicht vor - und lassen sich nur mit einer Verschwörung (mehr hier) der Medien und des Establishments gegen ihn erklären.

Michael D'Antonio macht kein Geheimnis daraus, dass er eine Präsidentschaft Trumps für ein "Desaster" halten würde. Seine Aussagen sind also entsprechend zu werten, doch ein Urteil sticht heraus: "Ich glaube, Donald kennt sich selbst nicht und er will auch niemand an sich heranlassen. Sowohl Ivana als auch seine zweite Frau Marla (Maples) haben mir gesagt, dass sie nicht sicher seien, ihn wirklich zu kennen. Und das sind die Mütter seiner Kinder." Dass sich Donald Trump so unberechenbar gibt, sei Strategie: "Es würde ihn verwundbar machen und das hasst er."

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