US-Außenminister Kerry bei Syrien-Konferenz:"Kein Platz für Assad"

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Alle Hoffnungen ruhen auf diesen Friedensgesprächen. Gleich bei der Eröffnung in Montreux macht US-Außenminister Kerry deutlich, dass in einem neuen Syrien kein Platz mehr für Machthaber Assad sei. Der syrische Außenminister al-Muallim sieht das anders - und hat keine Lust sich an die Redezeit zu halten.

Drei Jahre Bürgerkrieg, mehr als 130.000 Tote und Millionen Flüchtlinge. Die heute begonnene Konferenz im schweizerischen Montreux soll jetzt Hoffnung auf Frieden in Syrien bringen: UN-Sekretär Ban Ki Moon sagte bei der Eröffnung, es gebe durchaus eine Chance auf einen Neuanfang.

Der amerikanische Außenminister Kerry hat bereits eine klare Vorstellung davon, seiner Ansicht nach müsse am Ende der Verhandlungen der Rücktritt von Präsident Baschar al-Assad stehen. Das größte Hindernis für Frieden in Syrien sei die Tatsache, "dass ein Mensch und eine Familie an der Macht kleben", sagte er. Kerry warf Assad zudem vor, sein Regime habe Syrien "zu einem Magneten für Terroristen" aus aller Welt gemacht. In einem neuen Syrien sei "kein Platz mehr für Assad".

Die syrische Opposition sieht das genauso. Oppositionsführer Ahmad al-Dscharba forderte die syrische Regierungsdelegation auf, unverzüglich die "Genf-1-Vereinbarung" zu unterzeichnen, die eine Übergangsregierung in Syrien und einen Rückzug Assads vorsehe. Er werde keine Gespräche darüber akzeptieren, dass Assad an der Macht bleibe, sagte Dscharba.

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Von Michael König

Assads Außenminister Walid al-Muallim allerdings wehrt sich gegen solche Forderungen und griff die Opposition scharf an. Er warf ihr vor, lediglich zu behaupten "das syrische Volk zu vertreten", aber in Wahrheit nur aus "Verrätern" und "Agenten im Dienste der Feinde" zu bestehen. Außerdem weigerte sich trotz einer Ermahnung von Ban Ki Moon, sich an die vorgeschriebene Redezeit zu halten. Er sprach statt 10 Minuten mehr als 20 Minuten lang und sagte: "Nach drei Jahren des Leidens ist das mein gutes Recht."

Letzte Chance für die Diplomatie

Beobachter sehen die Konferenz als letzte Chance der Diplomatie. An den Verhandlungen nehmen Vertreter der Regierung in Damaskus, der Opposition und ausländische Diplomaten teil. Die eigentlichen Diskussionen über einen Waffenstillstand und die Bildung einer Übergangsregierung sollen zwei Tage später am Sitz der Vereinten Nationen in Genf starten.

Nach russischer Einschätzung werden sich die Friedensgespräche über mindestens eine Woche hinziehen. "Die erste Verhandlungsrunde dauert zwischen sieben und zehn Tagen", zitierte die Agentur Interfax einen namentlich nicht genannten Diplomat. Wahrscheinlich werde es dann nach einer kurzen Pause weitere Gesprächsrunden geben. Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier rechnet nicht mit schnellen Ergebnissen: "Wunder wird es nicht geben dieser Tage", sagte Steinmeier am Rande der Beratungen.

Fotos sollen systematische Tötungen beweisen

Einen Tag vor Beginn der Konferenz waren grausame Fotos an die Öffentlichkeit geraten, die die systematische Folterung von Häftlingen in syrischen Gefängnissen beweisen sollen: Der zugrundeliegende Bericht früherer Menschenrechts-Juristen war am Dienstag zuerst vom britischen Guardian sowie dem US-Sender CNN und der türkischen Nachrichtenagentur Anadolu veröffentlicht worden. Er stützt sich auf Aussagen und Fotomotive eines Überläufers aus den Reihen der syrischen Militärpolizei.

Die Verfasser stuften die Aussagen des Überläufers sowie die von ihm zur Verfügung gestellten Fotos als authentisch ein und sprachen von "Tötungen im industriellen Ausmaß" durch die Regierung von Syriens Machthaber Baschar al-Assad. Etwa 55.000 Bilder von 11.000 toten Häftlingen sollen vorliegen. Einige der Leichen hätten keine Augen mehr, andere seien augenscheinlich stranguliert oder mit Elektroschocks getötet worden, heißt es.

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Die Vereinten Nationen haben entsetzt reagiert: "Dieser Bericht ist extrem beängstigend und das mutmaßliche Ausmaß von Todesfällen in Haft abscheulich - sofern es sich denn bewahrheitet", sagte ein Sprecher der UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay. Er fordert weitere Schritte: "Vorwürfe dieses Ausmaßes können nicht ignoriert werden, weitere Untersuchungen sind ganz klar notwendig."

Verfasst haben den 31-seitigen Bericht drei Juristen aus Großbritannien und den USA. Das Trio arbeitete für eine von Katar beauftragte Londoner Anwaltskanzlei und stellte das Material nach eigenen Angaben sowohl den UN als auch Regierungsvertretern und Menschenrechtsgruppen zur Verfügung. Katar unterstützt die syrischen Rebellen.

© Süddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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