Unangekündigter Truppenbesuch:De Maizière lobt afghanische Armee

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"Die Qualität ist sehr gut": Bei einem überraschenden Besuch in Afghanistan gibt sich Verteidigungsminister de Maizière mit Blick auf die Ausbildung der Sicherheitskräfte zuversichtlich. Schon mit seinem Direktflug ohne militärischen Schutz wollte er sein Vertrauen in die positive Entwicklung des Landes beweisen.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) sieht die Ausbildung der Sicherheitskräfte in Afghanistan auf gutem Weg. "Die Zahl ist nahezu erreicht, die Qualität ist sehr gut geworden", sagte er nach einem Gespräch mit seinem Amtskollegen Bismullah Khan in Kabul. De Maizière bekräftigte zudem eine dauerhafte Verantwortung Deutschlands für den Aufbau in Afghanistan. Auch nach dem Truppenabzug Ende 2014 werde Deutschland den Afghanen beispielsweise im Schulwesen helfen, sagte de Maizière zum Auftakt seines Besuchs in Masar-i-Scharif.

Khan verwahrte sich gegen Einschätzungen, die Afghanen seien nicht in der Lage, nach dem Ende des internationalen Kampfeinsatzes alleine für die Sicherheit des Landes zu sorgen. Es handele sich um reine Propaganda. "Ich persönlich bin optimistisch, was 2014 angeht", sagte er. Die internationale Gemeinschaft hat sich den Aufbau der afghanischen Armee und Polizei auf 352.000 Kräfte zum Ziel gesetzt. 97 Prozent sind inzwischen erreicht.

Zurückhaltend äußerte sich de Maizière zur möglichen Versorgung der afghanischen Armee mit Waffen. "Wir wissen, dass es einen Mangel an Waffen gibt." Lieferungen müssten aber zwischen den Bündnispartnern koordiniert werden. Bisher liege der Schwerpunkt der Übergabe von Ausrüstung bei den Amerikanern und das werde vermutlich auch so bleiben. Außerdem rief de Maizière die pakistanische Regierung zu mehr Unterstützung für den Aussöhnungsprozess zwischen den afghanischen Konfliktparteien auf.

Direktflug nach Masar-i-Scharif

De Maizière war am frühen Montagmorgen als erstes deutsches Regierungsmitglied mit der offiziellen Regierungsmaschine ohne militärischen Schutz nach Afghanistan geflogen. Der CDU-Politiker landete nach einem rund sechsstündigen Direktflug aus Berlin mit dem VIP-Airbus auf dem internationalen Flughafen von Masar-i-Scharif nahe dem Hauptquartier der Bundeswehr im Norden des Landes.

Zuletzt war de Maizière im Juli nach Afghanistan gereist und hatte dabei auch erstmals die US-Truppen im hart umkämpften Süden des Landes besucht. Es ist die neunte Reise des Verteidigungsministers nach Afghanistan. Im Mittelpunkt der Reise stehen politische Gespräche in Kabul. Hintergrund ist der geplante Truppenabzug bis Ende 2014.

Bisher mussten Regierungsmitglieder bei Afghanistan-Reisen aus Sicherheitsgründen im usbekischen Termes zwischenlanden und dort für den Rest der Reise in ein Transall-Militärflugzeug mit Raketenabwehrsystem umsteigen. Mit dem Direktflug wollte de Maizière sein Vertrauen in die vergleichsweise stabile Sicherheitslage beweisen. "Das ist auch ein Zeichen für die bessere Sicherheit hier im Norden", sagte der Minister. Er wolle sich ein Bild davon machen, wie die Afghanen zunehmend die Sicherheit in die eigenen Hände nähmen.

Nur drei Prozent der Angriffe und Anschläge der Taliban und anderer Aufständischer auf afghanische und ausländische Sicherheitskräfte werden im Zuständigkeitsgebiet der Bundeswehr verübt. Seit fast eineinhalb Jahren sind keine deutschen Soldaten mehr getötet worden. Dennoch kommt es auch im Norden immer wieder zu schweren Zwischenfällen. So riss im vergangenen Monat ein Selbstmordattentäter in einer Moschee in der Stadt Meimane mehr als 40 Menschen mit in den Tod.

Nach Auffassung des Sprechers der internationalen Schutztruppe Isaf, Bundeswehr-General Günter Katz, verzerren solche spektakulären Anschläge aber die allgemeine Wahrnehmung der Sicherheitslage. "Medienwirksame Anschläge schaffen ein verfälschtes Bild im Ausland", sagte er. Die Zahl der Anschläge und Angriffe der Taliban habe in den vergangenen drei Monaten um 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum abgenommen. Die Aufständischen hält Katz für "extrem geschwächt". "Die Taliban müssen inzwischen in Gegenden kämpfen, die früher ihre Rückzugsgebiete waren", sagte er.

Die Gefechte gegen die Aufständischen würden aber auch nach dem Abzug der Nato-Kampftruppen noch andauern. "Es wird auch nach 2014 noch Taliban geben. Die afghanischen Sicherheitskräfte werden noch kämpfen müssen", sagte Katz. Bis Ende 2014 sollen die afghanische Armee und Polizei im ganzen Land die Verantwortung für die Sicherheit im Land von der Isaf übernehmen. Bereits Mitte 2013 sollen die Soldaten der Internationalen Schutztruppe Isaf in ihre Stützpunkte zurückkehren und nur noch eine unterstützende Rolle spielen.

Mit Feisabad wurde bereits eines der drei großen Bundeswehrfeldlager im Norden des Landes an die Afghanen übergeben. Bis Ende 2013 soll auch Kundus folgen, der Hauptstützpunkt der Isaf im gefährlichsten Gebiet Nordafghanistans. Die Zahl der deutschen Soldaten wurde bereits leicht verringert - von einst bis zu 5350 auf derzeit 4760 Soldaten. Deutschland hat jedoch schon angekündigt, sich auch ab 2015 weiter am Hindukusch engagieren zu wollen Bundeswehr zieht aus Afghanistan ab - "Für eine Operation dieses Ausmaßes gibt es keine Blaupause". Diese neue Mission soll nach Angaben von de Maizière aus Beratung, Unterstützung und Hilfe bestehen.

Noch im November wollen de Maizière und Außenminister Guido Westerwelle einen Vorschlag für die weitere Truppenreduzierung machen. Spätestens im Januar entscheidet dann der Bundestag über ein neues Mandat für den Einsatz.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/sebi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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