TV-Duell:Duell versemmelt

Merkel tritt sicher auf, Schulz kann kaum Treffer landen. Der Kandidat ist ein braver Mann. Aber mit Bravheit allein wird man nicht Kanzler.

Kommentar von Heribert Prantl

In den Umfragen ist die Kanzlerin ihrem Herausforderer Martin Schulz haushoch überlegen. Im Fernsehduell war sie vielleicht nicht haushoch überlegen, aber deutlich. Sie wirkte so souverän wie noch in keinem Duell bisher. Sie war nicht glänzend, aber sicher. Schulz dagegen begann so ungelenk und hausbacken, wie Merkel es in früheren Duellen war. Gleich zu Beginn nahm er seine Fundamentalkritik an der Kanzlerin zurück, statt mit Vehemenz zu erklären, warum Merkel, wie es sein Vorwurf war, der Demokratie schadet. Das wirkte nicht souverän und aufrecht, sondern kleinlaut und furchtsam.

Schulz ist eigentlich der viel bessere Redner. Aber das Eigentlich zählt nicht an so einem Abend; Schulz konnte es nicht zeigen, er kam zu selten in Fahrt, er konnte sich nicht entfalten, er konnte kaum Punkte sammeln, kaum Treffer landen. Merkel gelang das besser, auch deswegen, weil sie von den Moderatoren viel weniger unterbrochen wurde als Schulz. Die Frager behandelten Merkel wie eine Majestät und Schulz wie ihren Domestiken; und Schulz gelang es zu selten, das abzustellen. Er präsentierte sich zu oft im Konjunktiv, ja er war der personalisierte Konjunktiv.

Merkel gab die Regierungschefin, die in der Welt unterwegs ist. Schulz gab den Kumpel von nebenan, der mit dem Zuschauer am Tresen steht. Aber damit kam er gegen sie nicht an. Er war zu brav, zu bieder, zu konziliant, zu wenig machtbewusst. Er war nicht Herausforderer. Als solcher hätte er Merkel herausfordern müssen; aber er hat sie ja nicht einmal gefordert. Bei den wenigen Fragen, bei denen er auf Unterschieden bestand, hat er kaum deutlich gemacht, worin die bestehen. Dort, wo ihm dies gelang, wurde nicht klar, worin deren Bedeutung liegt. Schulz rüttelte nicht an den Toren des Kanzleramts, er rüttelte allenfalls an seiner eigenen Unsicherheit. Für dieses Rütteln brauchte er seine halbe Sendezeit.

Gleichwohl fand er aus dieser Unsicherheit nicht richtig heraus, er blieb unlocker. Er versuchte es mit ein paar markigen Sprüchen, redete aber schnell über die Probleme hinweg. Was zeigte sich? Es zeigte sich: Der Kandidat ist ein braver Mann. Aber mit Bravheit allein wird man nicht Kanzler. Große Unterschiede in der Politik traten leider nicht zu Tage.

Das Wort Duell blieb ein Euphemismus. Gewiss: Es war bemerkenswert, wie konziliant, höflich und respektvoll man miteinander umging. Aber ein Duell lebt nicht von der Konzilianz, der Höflichkeit und dem Respekt, den sich Duellanten bezeugen.

Das eigentliche Problem der Sendung waren die Moderatoren. Hat ihnen die AfD die Themenschwerpunkte diktiert? In den ersten 45 Minuten wurde nur über Flüchtlinge diskutiert; danach über Erdoğan. Die sozialen Probleme sind auch angesprochen worden, aber so, dass insinuiert wurde, dass es sie offenbar nicht gibt. Da hätte Schulz hartnäckig einhaken müssen.

Alles in allem: Kein Mensch weiß nach dieser Sendung, warum Schulz unbedingt Kanzler werden sollte. Aber jeder Mensch weiß, dass die Moderatoren nicht in der Lage waren, eine Diskussion darüber anzuzetteln. Höhepunkt des Wahlkampfs?Mitnichten. Das wurde gründlich versemmelt.

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