Charles Darwins Evolutionstheorie wird ab 2019 aus türkischen Lehrbüchern verschwinden. Der neue Lehrplan soll am Dienstag, dem Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan, vorgestellt werden. Doch das ist nur eine Formalie: Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hat den Entwurf bereits unterzeichnet.
Die Evolutionstheorie sei für Schüler dieses Alters zu kontrovers und kompliziert und sowieso umstritten, hieß es zur Begründung aus dem Bilungsministerium. Daher solle das Kapitel aus dem Biologieunterricht entfernt werden. Darwins Lehre von der Entstehung der Arten solle dann erst später an der Universität gelehrt werden. Laut einer Studie von 2012 haben schon jetzt 70 Prozent der Türken Zweifel an der Evolutionstheorie.
Die Türkei ist formal ein laizistischer Staat mit Religionsfreiheit, ein Erbe von Staatsgründer Mustafa Kemal Atatürk. Säkulare Türken befürchten jedoch seit langem eine Islamisierung der Gesellschaft durch Staatspräsident Erdoğan. Seit Regierungsantritt der seiner konservativen Partei AKP wurde das Kopftuchverbot aufgehoben, Glücksspiel verboten und Alkoholverbote ausgeweitet.
Anfang des Jahres hatte der türkische Vizepräsident Numan Kurtulmuş die Debatte über eine Reform der Lehrpläne angestoßen, als er die Evolutionstheorie als archaisch und veraltet bezeichnete. Damals entstand ein erster Entwurf für einen neues Curriculum, das sich vor allem auf türkische und muslimische Wissenschaftler stützen soll.
Zahlreiche türkische Akademiker kritisierten den Entwurf bereits. Das einzige Land, in dem die Evolutionstheorie ebenfalls vom Lehrplan gestrichen ist, sei Saudi-Arabien. Die größte türkische Oppositionspartei Die CHP hat bereits angekündigt, den neuen Lehrplan vor Gericht anzufechten.