Trumps Absage beim Korrespondenten-Dinner:Journalisten mit Politikern auf Du und Du

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TV-Moderator Conan O'Brien, First Lady Michelle Obama, der Fox-Journalist Michael Clemente und der damals amtierende US- Präsident Barack Obama während des White House Correspondents' Dinner 2013.

(Foto: AFP)

US-Präsident Trump hat seine Teilnahme am Korrespondenten-Dinner abgesagt. Die Gala ist schon lange umstritten.

Von Karin Janker

Das White House Correspondents' Dinner ist schon seit Langem eine umstrittene Veranstaltung. Alljährlich treffen sich bei dieser festlichen Gala in einem Washingtoner Nobelhotel Journalisten und Politiker. Es geht darum, Kontakte zu knüpfen und Nähe zu schaffen zwischen denen, die im Alltag eher in professioneller Distanz miteinander zu tun haben.

Gute Kontakte zu Politikern erleichtern Journalisten ihre Arbeit, sie kommen leichter an relevante Informationen und verstehen besser, wer in der Regierung welche Schritte plant. Gleichzeitig ist eine zu große Nähe zwischen Medien und Politik aber auch gefährlich. Politiker versuchen, Einfluss auf die Berichterstattung zu nehmen; Journalisten könnten dazu verleitet werden, gegenüber Freunden weniger kritisch zu sein.

Die Frage, wie nah sich Journalisten und Politiker kommen dürfen, überschattet daher seit Jahren das wichtigste Pressedinner der USA. Veranstalter ist die White House Correspondents' Association (WHCA), also die Vereinigung jener Journalisten, die direkt aus dem Weißen Haus über den Präsidenten und die US-Regierung berichten. Doch noch nie war die Gala so umstritten wie in diesem Jahr, es ist die erste unter der Trump-Regierung.

Dass der US-Präsident gerade seine Teilnahme für den Abend des 29. April abgesagt hat, ist nur der letzte einer ganzen Reihe von Affronts. Trump bricht mit einer Tradition, seit 1981 hat kein US-Präsident mehr abgesagt. Und Ronald Reagan hatte damals eine gute Ausrede: Er erholte sich zu dem Zeitpunkt gerade in Camp David von einem Attentat und ließ sich immerhin per Telefon zuschalten, um ein paar Worte zu sagen.

"House of Cards"-Autor rief zum Boykott auf

Über den Grund für Trumps Absage wird momentan spekuliert. Er selbst nannte keinen, aber es ist wohl davon auszugehen, dass das schwierige Verhältnis zwischen ihm und den Medien der Grund ist. So griff der US-Präsident die Medien in den vergangenen Wochen wiederholt an, sein wichtigster Berater Stephen Bannon bezeichnete sie als Gegner der Regierung.

Das Misstrauen ist beidseitig: Trump ist nicht der einzige, der in diesem Jahr dem Korrespondentendinner fernbleiben will. Schon vor seiner Absage, die er per Twitter verkündete, waren Stimmen laut geworden, die zum Boykott des diesjährigen Dinners aufriefen. Der Autor der Serie "House of Cards", Beau Willimon, forderte bereits Anfang Februar die Teilnehmer dazu auf, den Saal zu verlassen, wenn Trump zu sprechen beginne.

Die Magazine Vanity Fair und The New Yorker hatten ihre Partys abgesagt, die normalerweise im Anschluss an die Gala stattfinden. Und die Komikerin Samantha Bee kündigte eine alternative Veranstaltung an, die unter dem Titel "Not the White House Correspondents' Dinner" stattfinden soll. Dazu wolle sie Journalisten und "nicht lästige Prominente" einladen, sagte Bee.

Obama hat Trump 2011 auf dem Dinner gedemütigt

Traditionell führt beim Korrespondenten-Dinner nicht nur ein Comedian durch den Abend, auch der jeweilige Präsident muss selbst eine - möglichst selbstironische - Rede halten. Die Witze in diesen Reden sind mal mehr und mal weniger gelungen. So scherzte George W. Bush beispielsweise darüber, dass er keine Massenvernichtungswaffen im Weißen Haus gefunden habe. Eine Anspielung auf den Irakkrieg, für die er einige Kritik erntete. Präsident Obama beendete seine Rede im vergangenen Jahr mit dem inzwischen berühmten "Mic Drop": Die Szene, in der er das Mikrophon fallen lässt, ging durchs Internet.

Offiziell dient das Dinner einem wohltätigen Zweck. Mit dem Geld, das durch den Ticketverkauf eingenommen wird, werden Stipendien für junge Journalisten bezahlt. Insgesamt kommen dabei der WHCA zufolge rund 100 000 Euro zusammen. Doch der zweite und weit wichtigere Zweck der Veranstaltung war es schon immer, Kontakte zu pflegen.

Die freundschaftliche Atmosphäre zwischen den beiden Sphären gefällt nicht allen. Auch Journalisten üben immer wieder Kritik an der Veranstaltung. Die New York Times etwa nimmt seit 2008 nicht mehr an dem Dinner teil. Eine Reaktion darauf, dass immer mehr Promis, Lobbyisten und Werbeschaffende die Plätze des Ballsaales besetzen.

Inzwischen nehmen auch Stars aus Hollywood an dem Dinner teil

Gleichzeitig wird das öffentliche Interesse an dem Dinner größer, schließlich nahmen in den vergangenen Jahren auch Stars wie George Clooney, Lindsay Lohan und Justin Bieber daran teil. Auch Trump war immer wieder unter den Gästen.

2011 bekam er sogar einige Aufmerksamkeit während des Dinners: Damals machte Obama fünf Minuten lang Witze über Trump, der Gerüchte gestreut hatte, Obama sei nicht in den USA geboren worden. Obama hatte kurz zuvor seine Geburtsurkunde veröffentlichen müssen. "Nun können wir endlich wieder zu den wichtigen Fragen zurückkommen", witzelte Obama damals. "Zum Beispiel: Haben wir die Mondlandung gefakt?" Trump ließ die Rede damals mit gefrorenem Lächeln über sich ergehen, am nächsten Tag titelten US-Zeitungen: "Trump gedemütigt".

Von einer Demütigung wollte Trump allerdings nichts wissen. Er sagte später, er habe sich amüsiert und einen großartigen Abend gehabt. Auch in den folgenden Jahren nahm er immer wieder an dem Dinner teil, zuletzt 2015. Im Vorjahr setzte er während des Wahlkampfs aus. In diesem Jahr nun werden sein Vizepräsident Mike Pence und der Stabschef des Weißen Hauses, Reince Priebus, an seiner Stelle die Gala besuchen.

Vielleicht ist das Fernbleiben des prominentesten Gastes für das Korrespondentendinner auch eine Chance, zu einer relevanten Veranstaltung für unabhängigen Journalismus zu werden. Die WHCA jedenfalls will sich von der Absage nicht beirren lassen. Sie veröffentlicht ein Statement, wonach das Dinner trotzdem stattfinden soll:

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