Thüringen:Lieberknecht fürchtete "hessische Verhältnisse"

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Die CDU-Ministerpräsidentin in spe wirbt für Schwarz-Rot und wünscht Althaus ein Polit-Comeback. SPD-Landeschef Matschie beschwichtigt aufgebrachte Genossen.

Die designierte Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht (CDU) hat noch Zweifel am Zustandekommen einer schwarz-roten Koalition in Thüringen. Es sei nicht hundertprozentig klar, ob die Koalition zustande komme - noch könne etwas passieren, sagte die Sozialministerin dem Hamburger Abendblatt.

Vermutlich bald erste Ministerpräsidentin in der Geschichte der CDU: Christine Lieberknecht. (Foto: Foto: dpa)

"Ich ertrage diese Unsicherheit in großer Offenheit und Gelassenheit. Falls es nicht zur Koalition kommt, dann habe ich zumindest meine Pflicht getan. Dann sollen es andere richten." In Erfurt beraten am Donnerstag acht Arbeitsgruppen über einen Koalitionsvertrag für eine CDU-SPD-Regierung.

Lieberknecht wünscht ihrem Parteifreund und Noch-Regierungschef Dieter Althaus ein politisches Comeback. "Ich sehe viele Möglichkeiten für ihn, sich weiter mit seinen Fähigkeiten und seiner Erfahrung einzubringen", sagte Lieberknecht.

Lieberknecht: Wollte nie Ministerpräsidentenamt

"Dieter Althaus sollte weiter Politik gestalten, zuerst natürlich im Landtag, aber warum nicht auch darüber hinaus", fügte die Erfurter Sozialministerin hinzu. Althaus gehe nach der verlorenen Landtagswahl derzeit "sicher durch ein Wechselbad der Gefühle", sagte sie.

Die designierte Regierungschefin holt sich bei ihren derzeitigen Koalitionsverhandlungen mit der SPD auch Rat bei Althaus. "Wir stehen im engen Kontakt", sagte die CDU-Politikerin. "Ich unterrichte ihn über die Koalitionsgespräche. Und er begleitet das sehr aktiv. Wir können jederzeit miteinander reden", so die thüringische Sozialministerin. Lieberknecht betonte: "Ich hole mir auch Rat bei ihm ein."

Zu ihrer eigenen Zukunft sagte Lieberknecht: "Ich habe das Ministerpräsidentenamt nie gewollt." Sie habe sich in die Pflicht nehmen lassen. Über ihren Entschluss, für das Amt der Regierungschefin zu kandidieren, sagte die CDU-Politikerin: "Es stand auch eine Furcht im Raum vor hessischen Verhältnissen. Ich wollte nicht schuld daran sein, dass die auch in Thüringen entstehen. Hätte ich nein gesagt, hätten wir keine Lösung gehabt."

Sie habe ursprünglich die Finanzministerin und jetzige Landtagspräsidentin Birgit Diezel überzeugen wollen, das Ministerpräsidentenamt zu übernehmen.

Die CDU-Politikerin sagte dem Blatt, sie unterstütze SPD-Landeschef Christoph Matschie in seinem parteiinternen Machtkampf: "Ich bestärke ihn, wo ich kann, dass er sich in der SPD durchsetzt."

Protestantische Freiheit und Vertrauen bilde die Basis, die Matschie und sie verbinde, erklärte die Theologin. "Wir haben ein gemeinsames Grundverständnis für das Herangehen an unsere Aufgabe."

Matschie kann Machtkampf entschärfen

Inzwischen entschärfte sich der SPD-interne Streit in Thüringen um eine Koalition mit der CDU. Nach einem Treffen mit seinen innerparteilichen Kritikern sagte SPD-Landeschef Christoph Matschie zu MDR Info, die unterschiedlichen Positionen in der Partei sollten künftig besser eingebunden werden.

"Ich will nicht, dass wir uns in parteiinternen Kämpfen gegenseitig das Leben schwermachen. Ich will, dass wir zusammenarbeiten", sagte Matschie nach dem dreistündigen Krisengespräch am Mittwochabend.

Matschie sagte weiter, er habe sich mit seinen Kritikern darauf verständigt, die Beschlüsse des bevorstehenden Parteitags zur künftigen Koalition nicht in Frage zu stellen. Die SPD-Basis soll bei einem Parteitag am 25. Oktober abschließend über eine Koalition mit der CDU abstimmen.

Der Beschluss der SPD-Landesspitze, Koalitionsverhandlungen mit der CDU statt mit Linken und Grünen aufzunehmen, war innerhalb der Thüringer SPD auf zum Teil heftigen Widerstand gestoßen. Bei einem Basistreffen am vergangenen Wochenende hatte sich Matschie mit den Befürwortern eines rot-rot-grünen Bündnisses einen heftigen Schlagabtausch geliefert. Matschie sprach anschließend von einem "beinharten Machtkampf" in seiner Partei.

Koalitionsvertrag bis Dienstag

Geras Oberbürgermeister Norbert Vornehm, der wie auch Erfurts Oberbürgermeister Andreas Bausewein in der SPD zu den Befürwortern eines Linksbündnisses gehört, äußerte sich nach dem jüngsten Treffen mit Matschie optimistisch.

Er glaube, das Treffen sei "ein Schritt nach vorn zur Einigkeit" gewesen, sagte er gegenüber MDR Info. Die Landrätin von Saalfeld-Rudolstadt, Marion Philipp, sagte, die von den Kritikern angestoßene Mitgliederbefragung zur künftigen Koalition werde aber weitergehen.

Mit Matschie sei vereinbart worden, die für Juni 2010 geplante Vorstandswahl vorzuziehen, erklärte Philipp. "Christoph Matschie hat gesehen, dass eine Ausgrenzung nichts bringt."

CDU und SPD wollen ihre Koalitionsverhandlungen am Wochenende abschließen und am Dienstag einen Koalitionsvertrag vorlegen. In Thüringen wurde bereits am 30. August ein neuer Landtag gewählt.

© dpa/AFP/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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