Im Skandal um die gezielte steuerliche Überprüfung von regierungskritischen Interessengruppen ist der Chef der US-Finanzbehörde IRS, Steven Miller, zurückgetreten. Das teilte Präsident Barack Obama am Mittwochabend (Ortszeit) in Washington mit. Finanzminister Jack Lew habe Miller zum Rücktritt aufgefordert und diesen Rücktritt erreicht, sagte Obama.
Er sei wegen der Überprüfung der erzkonservativen Oppositionsgruppen wütend, sagte Obama bei dem kurzfristig anberaumten Auftritt im Weißen Haus. "Ich werde ein solches Verhalten in keiner Behörde dulden, ganz besonders nicht in der IRS." Das Fehlverhalten sei unentschuldbar hatte Obama bereits zuvor erklärt. Die Regierung müsse sich so verhalten, dass die Bevölkerung Vertrauen zu ihr habe."Angesichts der Kontroverse über diese Überprüfung ist es wichtig, eine neue Führung zu installieren", sagte Obama.
Die IRS hatte speziell Organisationen ins Visier genommen, die das Wort "Patriot" oder "Tea Party" in ihrem Namen tragen. Das sind meist den Republikanern nahestehende Gruppen, die vielfach staatliche Eingriffe allgemein und die Erhebung von Steuern im Besonderen ablehnen. Die betroffenen Organisationen hatten im zurückliegenden Wahlkampf häufig beklagt, sie müssten übermäßig viele Informationen vorlegen, um steuerrechtlich als gemeinnützige Organisation anerkannt zu werden.
Die Amerikaner hätten völlig Recht, darüber erbost zu sein, sagte Obama. Er werde alles in seiner Macht stehende tun, dass ein solches Fehlverhalten nicht mehr vorkomme. Die US-Regierung bestreitet, in die Kontrolle der Tea-Party-Bewegung und anderer der Republikanischen Partei nahestehender Gruppen über die IRS verwickelt zu sein. Justizminister Eric Holder ordnete eine eigene Untersuchung der Affäre an.
Kritiker werfen Obama Aushöhlung des Rechtsstaats vor
Der nun zurückgetretene Miller selbst hatte seinen Posten erst angetreten, nachdem die scharfe Überprüfung der konservativen Gruppen begonnen hatte. Er war seit November der kommissarische Leiter der Behörde.
Die Republikaner werfen Obama vor, es mit Hilfe der IRS auf konservative Gruppen abgesehen zu haben. Der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Republikaner John Boehner, zeigte sich auch nach der Entlassung Millers nicht zufrieden. "Meine Frage zielt nicht darauf ab, wer zurücktritt. Meine Frage lautet: Wer wandert wegen dieses Skandals ins Gefängnis?", sagte Boehner.
Der Präsident steht wegen des IRS-Skandals erheblich unter Druck. Kritiker werfen ihm eine Aushöhlung des Rechtsstaats vor, und ziehen dazu auch die jüngst bekanntgewordene Affäre um die heimliche Ausforschung von Telefondaten der Nachrichtenagentur AP heran.
Auch bei einer anderen Kontroverse ging das Weiße Haus am Mittwoch in die Offensive. Es veröffentlichte etwa 100 Seiten E-Mails, in denen Regierungsmitglieder den Terroranschlag auf das US-Konsulat im libyschen Bengasi im vergangenen Jahr diskutierten. Bislang hatte die Regierung dies verweigert. Obamas Regierung hatte den Angriff, bei dem der US-Botschafter Chris Stevens starb, während des Wahlkampfes kurzzeitig falsch dargestellt. Vor allem die Republikaner werfen ihr deswegen seit Monaten unablässig die Täuschung der Öffentlichkeit vor.