Senatorenwahl in Alabama:Wie Doug Jones die Wähler in Alabama überzeugt hat

Der Demokrat fügt Trump eine bittere Niederlage zu. Der neue Senator profitierte von den Kontroversen um Roy Moore - und überzeugte vor allem Schwarze mit einem eindrucksvollen Lebenslauf.

Porträt von Matthias Kolb

Doug Jones weiß ganz genau, was er sagen will an diesem Abend. Als er als Sieger der Nachwahl in Alabama feststeht und den Skandal-Kandidaten Roy Moore besiegt hat. "Letztlich ging es in diesem Rennen vor allem um Respekt und Würde", ruft er seinen jubelnden Anhängern in Birmingham zu. Er habe für Rechtsstaatlichkeit und Gerechtigkeit gekämpft - und auch dafür, die Gesundheitsversorgung Obamacare nicht abzuschaffen.

Dass sich der 63-Jährige knapp gegen den von US-Präsident Trump unterstützten Kandidaten Roy Moore (er hetzte gegen Homosexuelle, widersetzte sich als Oberster Richter Alabamas Weisungen des US Supreme Court) durchsetzte, hat er vor allem den Stimmen der Afroamerikaner und der Wählerinnen zu verdanken. Laut ersten Umfragen stimmten 96 Prozent der afroamerikanischen Wähler und 56 Prozent der Frauen für den Demokraten; die meisten Männer votierten für Moore. Zuletzt riefen Ex-Präsident Barack Obama und sein Vize Joe Biden zur Wahl von Jones auf - und er trat auch mit dem in Alabama geborenen schwarzen Basketball-Star Charles Barkley auf. Bestens vernetzt ist Jones also fraglos, was ihm in Washington helfen wird.

Durch seinen Sieg verringert sich die Zahl der Sitze der Republikaner im Senat auf nur 51 von 100 - auch deswegen wurde die Abstimmung im erzkonservativen Bundesstaat landesweit mit Spannung verfolgt. Wie sensationell dieser Erfolg von Jones ist, verdeutlicht eine Zahl: 2014 stellten die Demokraten gar keinen Herausforderer gegen den erzkonservativen Jeff Sessions auf, der folglich 97 Prozent der Stimmen erhielt.

Dass die Demokraten dennoch in Alabama gewinnen konnten, liegt auch an der eindrucksvollen Biografie des Kandidaten Doug Jones. Der überzeugte Liberale verbrachte sein ganzes Leben in Alabama.

Jones wurde 1954 in Fairfield außerhalb der Metropole Birmingham geboren, einer von der Stahlindustrie geprägten Stadt. Auch Jones arbeitete während der Uni in einem Stahlwerk - und sprach gern darüber, um seine Bodenständigkeit zu betonen. Er studierte zunächst an der University of Alabama (dessen Football-Team dominiert seit Jahren die College-Liga und ist der parteiübergreifende Stolz des Staates), bevor er die Law School besuchte. Jones war anschließend als Berater für den demokratischen Senator Howell Heflin sowie als Anwalt tätig, bevor er seine Arbeit als Staatsanwalt aufnahm.

Jones brachte rassistische Mörder hinter Gitter

Als Kind erlebte Jones mit, wie Alabama zu einem Schauplatz der Bürgerrechtsbewegung wurde und die mehrheitlich weiße Bevölkerung gegen das Ende der Segregation protestierte. Der damalige Gouverneur George Wallace ging mit aller Härte vor - nicht nur am "Bloody Sunday" im März 1965. Damals marschierten Hunderte Afroamerikaner über eine Brücke in Selma und forderten friedlich Gleichberechtigung und das Recht, wählen zu dürfen. Sie wurden brutal von der lokalen Polizei verprügelt. Die Bilder schockierten damals die USA und die Welt.

Gleiches galt für einen Bombenanschlag des Ku-Klux-Klans auf eine Schwarzen-Kirche an der 16th Street in Birmingham 1963, bei dem vier Mädchen getötet wurden. Als junger Mann verfolgte Jones den Prozess gegen Robert Chambliss, einen der Täter mit dem Spitznamen "Dynamite Bob". Dieser wurde erst mehr als ein Jahrzehnt nach der Tat verurteilt und starb schließlich hinter Gittern. Obwohl alles für eine Aktion mehrerer Täter sprach und entsprechende FBI-Berichte existierten, ermittelten die Behörden nicht weiter.

Nach der Wiederwahl von Bill Clinton wurde Jones 1997 als Bundesstaatsanwalt nominiert und vom Senat bestätigt. Kurz darauf las er in der Zeitung, dass das FBI neue Ermittlungen rund um den Bombenanschlag auf die Birminghamer Kirche aufgenommen hatte - und wurde aktiv. Dank seiner Ermittlungen wurden zwei weitere Männer angeklagt und wegen Mordes verurteilt. Diese hatten sich so sicher gefühlt, dass ihnen nichts geschehen würde, dass sie über ihre Beteiligung am Bombenanschlag geprahlt hatten. Wegen dieser Hartnäckigkeit und seines juristischen Sachverstands ist Jones beliebt unter Alabamas Schwarzen, die mehr als ein Viertel der Wähler stellen - und ihn nun mit ihren Stimmen nach Washington schicken.

Auch wenn er strengere Kontrollen fordert, so verteidigt Jones das Recht auf Waffenbesitz (alles andere wäre in Alabama politischer Selbstmord). Jones sei glaubwürdig, meint der Reporter Rick Bragg: "Er beweist, dass man ein kluger, nachdenklicher Mensch sein kann - und trotzdem weiß, wie man eine Pistole richtig hält."

Seine Sturheit nennen Freunde als wichtigen Charakterzug von Jones: "Er ist manchmal wie eine Bulldogge." Mike Coppage, der ehemalige Polizeichef von Birmingham, sagte dem Montgomery Adviser: "Er sieht, was richtig ist und er weiß, was richtig ist. Dann wird er alles tun, um dies umzusetzen." Hartnäckig arbeitete Jones auch nach 1998 dafür, einen Bombenanschlag auf eine Abtreibungsklinik aufzuklären - ein im christlich geprägten Alabama sehr umstrittenes Thema. Jones unterstützt das Recht von Frauen, selbst zu entscheiden, ob sie ihr Baby zur Welt bringen wollen. Er stellte das Thema aber klugerweise nicht in den Mittelpunkt seines Wahlkampfs, sondern sprach mehr über Jobs und dass ein Senator namens Roy Moore die Entwicklung im wirtschaftlich rückständigen Alabama behindern würde.

Erste Kandidatur für US-Senat scheiterte

2001 gab Jones, der Vater von drei Kindern ist, den Posten des Staatsanwalts auf und versuchte, Senator Jeff Sessions 2002 herauszufordern. Laut New York Times verfügte der Demokrat aber über nur geringe Ressourcen und zog seine Bewerbung schließlich zurück, als er erkannte, dass die Stimmung nach den Terroranschlägen von 9/11 zunehmend patriotischer wurde. Anschließend arbeitete er wieder als Anwalt - und wartete auf seine Chance, die 2017 kommen sollte.

Nachdem Präsident Trump (er siegte bei der Präsidentschaftswahl im November 2016 in Alabama mit 28 Prozentpunkten Vorsprung) Jeff Sessions zu seinem Justizminister gemacht hatte, war eine Nachwahl fällig. Jones setzte sich klar bei den Demokraten durch und profitierte davon, dass die Republikaner in der Vorwahl den christlichen Fundamentalisten Roy Moore wählten, der schon vor den Vorwürfen der sexuellen Belästigung äußerst umstritten war.

Dank eines gut organisierten und sehr disziplinierten Wahlkampfs (die Mobilisierung der schwarzen Wähler war das wichtigste Ziel) wird Doug Jones von Januar an als neuer Senator seine Arbeit in Washington angehen - seine Amtszeit läuft bis Anfang 2021. Der letzte echte Demokrat, der Alabama im Senat vertrat, war übrigens Howell Heflin - jener Politiker, für den Jones nach seinem Jurastudium arbeitete.

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