Schwarz-Gelb und die Steueraffäre:Legalität des Illegalen

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Für Wolfgang Schäuble steht nach juristischer Prüfung fest: Der Staat muss die Daten-CD im Interesse "gleichmäßiger Besteuerung" kaufen. Das Justizministerium ist bisher nicht eingebunden.

Heribert Prantl

Ein grünes Licht ist ein allgemein verständliches Signal. Wenn in der Bürokratie grünes Licht gegeben wird, ist es nicht ganz so verständlich. In diesem Fall liest es sich so: "Das Bundesministerium der Finanzen hat die mit einem Ankauf steuererheblicher Informationen über Kapitalanlagen deutscher Steuerpflichtiger in der Schweiz verbundenen steuerrechtlichen und strafrechtlichen Fragen eingehend geprüft. Nach dem Ergebnis dieser Prüfung machen sich die handelnden Amtsträger nicht strafbar und die angekauften Beweismittel sind im Besteuerungsverfahren und im Strafverfahren verwertbar."

Die Jungfreisinnigen - ein liberaler Jugendverband - haben offenbar eine eindeutige Meinung zum Vorgehen der deutschen Regierung in der Steueraffäre. (Foto: Foto: dpa)

Diese Expertise hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) an die Steuerfahndung in Nordrhein-Westfalen schicken lassen. Sicherlich etwas weniger gestelzt hat er diese Erkenntnisse der Bundeskanzlerin mitgeteilt. Jetzt sind die Finanzbehörden in Nordrhein-Westfalen am Zug. Sie kaufen die CD mit den Daten der Steuerhinterzieher für 2,5 Millionen Euro. Der Bund beteiligt sich an den Kosten zur Hälfte. Warum? Er hält den Datenankauf "aus Gründen der Sicherstellung einer gleichmäßigen Besteuerung für geboten". So sagt es das grüne Licht des Bundes.

An der Prüfung der Rechtslage hat das Bundesjustizministerium weder auf der Arbeits-, noch auf der Leitungsebene mitgewirkt. Sein Haus habe bislang keinen Sachstandsbericht bekommen, betont der Ministeriumssprecher. Er könne also keine Anfragen bedienen, weil er selber nur das wisse, was in der Zeitung steht.

Man kann darüber spekulieren, warum das so ist: Das Justizministerium wird von einer FDP-Ministerin geführt, das Bundesfinanzministerium ist CDU-geführt. Womöglich sollte nicht bekannt werden, wie lange das umstrittene Angebot in Nordrhein-Westfalen schon vorliegt - schon lange, weit länger als ein halbes Jahr.

Notar der Bundesregierung

Es gab ganz offensichtlich schon im CDU/FDP-regierten Land Nordrhein-Westfalen heftigen internen Streit darüber, wie mit dem Datenangebot umgegangen werden soll. Der Streit ist nun von Wolfgang Schäuble ohne Einbeziehung des Bundesjustizministeriums entschieden worden.

Das Justizministerium, das ja auch die Funktion des Notars der Bundesregierung hat, hätte freilich nicht anders entscheiden können. Die Rechtslage ist in der Tat so, wie sie von den Juristen des Innenministeriums geschildert wurde. Die Beamten, die jetzt nach elend langem Hin und Her den Ankauf der CD bewerkstelligen, machen sich nicht strafbar. Und die angekauften Daten sind, auf der Basis bisheriger höchstrichterlicher Rechtsprechung, im Strafverfahren verwertbar - nur dann ist der Kauf sinnvoll.

Strafanzeigen gegen Mitglieder der Bundesregierung oder der Finanzverwaltung wegen Beihilfe zur "Datenausspähung" oder zur "unbefugten Verwertung eines unbefugt verschafften Geheimnisses" werden keinen Erfolg haben. Solche Anzeigen waren schon vor zwei Jahren erfolglos. Damals hatte Peer Steinbrück, Finanzminister der CDU/CSU-SPD-Koalition, illegale Daten aus Liechtenstein angekauft, auf deren Basis Steuerstrafverfahren eingeleitet und Millionen eingetrieben wurden. Die Staatsanwaltschaft Berlin stellte die 24 Strafanzeigen gegen Bedienstete des Finanzministeriums und andere Amtsträger ein, "ohne in Ermittlungen einzutreten".

Im Aktenvermerk dazu heißt es: Die Übergabe von Beweismitteln durch den Informanten an die Strafverfolgungsbehörden sei "nicht unbefugt"gewesen. Die Beamten hätten sich, so heißt es da, nur dann strafbar machen können, wenn sich der Informant ihnen "unbefugt" mitgeteilt hätte. Das sei aber nicht so gewesen: Letztlich habe der Informant, indem er sich an die Strafverfolgungsbehörden wandte, eine staatsbürgerliche Pflicht erfüllt. Die Bezahlung einer Belohnung an den Informanten ändere an der rechtlichen Qualifikation nichts.

Aufgrund dieser Vorgeschichte kann den Beamten, die die CD ankaufen, nichts mehr passieren - selbst wenn höhere Instanzen später den Ankauf anders qualifizieren sollten. Und der Verwertung der Daten im Steuer- und Strafverfahren steht rechtlich nichts entgegen. Die Rechtsprechung in Deutschland und in der Schweiz lässt die Verwertung solcher Informationen zu.

Die gegenteilige Ansicht würde zu seltsamen Ergebnissen führen: Dann könnte einem Steuerhinterzieher nichts Besseres passieren als ein Diebstahl seiner Daten. Er wäre dann quasi immun gegen die Strafverfolgung.

© SZ vom 5.2.2010/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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