Saudi-Arabien:Polizei vereitelt Terrorwelle

Die saudische Polizei nimmt mehr als 100 mutmaßliche Al-Qaida-Terroristen fest. Sie sollen Selbstmordanschläge auf Ölanlagen geplant haben.

Peter Münch

Sicherheitskräfte in Saudi-Arabien haben offenbar eine Welle von Terror-Attacken auf lebenswichtige Einrichtungen im Königreich verhindert. Mehr als hundert mutmaßliche Mitglieder des Al-Qaida-Netzwerks seien verhaftet worden, teilte das Innenministerium am Mittwoch mit. Selbstmord-Anschläge auf Einrichtungen der Ölindustrie sollen unmittelbar bevorgestanden haben. Nur knapp die Hälfte der Festgenommenen sind den Angaben zufolge saudische Staatsbürger, die meisten anderen stammen aus dem Jemen. Vom Nachbarland aus sollen die Kämpfer auch gelenkt worden sein.

Saudi-Arabien gilt als eigentliche Heimstätte des Al-Qaida-Terrors, weil hier einst der Milliardärssohn Osama bin-Laden sowie Tausende andere zum Heiligen Krieg nach Afghanistan aufgebrochen waren. Auch 15 der 19 Attentäter vom 11. September 2001 stammten aus dem Königreich. Mittlerweile aber hat sich der Schwerpunkt in den Jemen verlagert, der mit seiner schwachen Zentralregierung und seinen zerklüfteten Stammesgebieten den Terroristen reichlich Raum zum Rückzug gewährt. Vor gut einem Jahr hatten sich die saudischen und jemenitischen Teile des Netzwerkes zusammengeschlossen - unter Führung eines jemenitischen Vertrauten von bin Laden namens Nasir al-Wahaschi alias Abu Basir.

Die Gruppe nennt sich "Al-Qaida der Arabischen Halbinsel" und hat sich auch zu dem nur knapp vereitelten Anschlag auf ein amerikanisches Passagierflugzeug auf dem Weg nach Chicago an Weihnachten bekannt. Der verhinderte Attentäter Umar Faruk Abdulmutallab aus Nigeria soll bei seiner Vernehmung ausgesagt habe, er sei von al-Qaida im Jemen für die Tat trainiert worden.

Anschlag auf den Terror-Beauftragten

Die Gruppe hat mehrmals angekündigt, dass sie Ölanlagen, Sicherheitskräfte sowie Ausländer ins Visier nehmen wolle. Oberstes Ziel ist der Sturz des saudischen Königshauses, dem eine "unheilige" Allianz mit den USA zur Last gelegt wird. Ende August schickte die Organisation einen Selbstmord-Attentäter zu dem für Terrorismus-Bekämpfung zuständigen Prinzen Mohammed bin Naif.

Der Sohn des Innenministers überlebte aber den Anschlag in Dschiddah. Sensibelstes Ziel sind jedoch die Ölanlagen des weltweit größten Öl-Exporteurs. Hier könnten die Terroristen gleich zwei Feinde treffen: das konservative Königshaus sowie den vom Rohstoff abhängigen Westen. Mehr als tausend Quellen sind in Betrieb, dazu noch riesige Verarbeitungseinrichtungen. Zum Schutz dieser Anlagen wurde in den letzten Jahren eine mehr als 30.000 Mann umfassende Spezial-Polizeieinheit aufgebaut.

Repression und Rehabilitation

Die neue Gefahr aus dem Jemen, mit dem Saudi-Arabien eine 1800 Kilometer lange Grenze teilt, bedroht jedoch die Erfolge, die saudische Sicherheitskräfte im Kampf gegen den Terror erzielt haben. Seit einer blutigen Anschlagsserie in den Jahren 2003 und 2004 wurden Dutzende mutmaßlicher Al-Qaida-Mitglieder getötet und Tausende Verdächtige festgenommen.

Neben der Repression setzen die Saudis auch auf Rehabilitation. In Umerziehungslagern sollen Terroristen, darunter auch Entlassene aus dem US-Gefangenenlager Guantanamo, durch religiöse Unterweisungen und die Wiedereingliederung in ihre Familien von Anschlägen abgehalten werden. Doch al-Qaida kann immer wieder neue Kräfte aufbieten.

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