Regierung beendet Klausur in Meseberg:Jetzt einfach mal die Bürger fragen

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Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Meseberg (Foto: dpa)

Kanzlerin Merkel überrascht mit einer nebulösen Initiative. Ihr Vize Gabriel beruft sich auf einen Geist der Professionalität. Und Alexander Dobrindt darf sich über den G8-Gipfel in seinem Wahlkreis freuen. So war sie, die erste schwarz-rote Regierungsklausur in Schloss Meseberg.

Von Thorsten Denkler, Meseberg

Wie war nun also die Klausur auf Schloss Meseberg? Gab es auch was zu lachen? Oder Streit? Oder haben sich alle nur mit Sorgenfalten auf der Stirn gegenseitig die Probleme des Landes, der Welt vorgebetet? Hat der Abend am Kamin neue Annäherungen gebracht?

Kanzlerin Angela Merkel sitzt hinter dem graublau lackierten Tisch mit dem Bundesadler und ihr Gesicht zeigt ein gewisses Unverständnis. Wegen ihrer leicht angeschlagenen Gesundheit habe sie sich am Abend früh verabschiedet, sagt Merkel. Es sei harmonisch gewesen, so weit ihr zugetragen worden sei. "Zumindest an meinem Tisch." Solche Themen, diese Gefühlsduseleien, behagen ihr nicht. "Es war schön. Nehmens Sie's mal einfach so."

Es ist dieses die Abschlusspressekonferenz zur zweitägigen Klausur in der alten Gärtnerei vis-à-vis des Schlosses. SPD-Chef und Vizekanzler Sigmar Gabriel sitzt neben ihr. Aber der hilft auch nicht weiter: "So was erzählt man nicht öffentlich. Sonst wird es schwierig am nächsten Abend."

Bloß nicht den Anschein erwecken, als wäre diese Klausur im verschneiten Meseberg in irgendeiner Form eine Spaßveranstaltung gewesen. Spaß, das Wort ist in der Politik spätestens verbrannt, seit Gerhard Schröder nach wenigen Monaten als Kanzler mit Brioni-Anzug am Leib und Zigarre in der Hand sagte: "Regieren macht Spaß!"

Gabriel kühlt alle weiteren Erwartungen herunter: "Der Geist von Meseberg ist ein professioneller." Er habe sich zum Beispiel am meisten darüber gefreut, dass die Minister über ihre Ressortgrenzen hinweg Projekte verabredet hätten. Und es in den Diskussionen im Gartensaal des Schlosses zur Seeseite hin "quer über den Tisch" gegangen sei. Donnerwetter, was für eine Leistung.

Es haben ja nach letztem Stand alle Regierungsmitglieder in Meseberg übernachtet. Aber ob Merkel im Schlafrock am späten Abend noch Gabriel im Pyjama auf einen Tee in der Schlossküche getroffen hat, wird wohl - wenn es denn geschehen wäre - für immer ein Geheimnis bleiben.

"Zauberschloss" ohne Wirkung

Als "Zauberschloss" hat Theodor Fontane das Anwesen nördlich von Berlin einst beschrieben. Mit Zauber aber scheint diese Klausur wenig zu tun gehabt zu haben.

Erwartungsgemäß hat die Regierung Gabriels Eckpunkte für ein neues Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) abgesegnet. Erwartungsgemäß haben die CSU-Minister im Kabinett darin doch noch etwas gefunden, mit dem sie im anstehenden Kommunalwahlkampf gegen Gabriel wettern können. Es geht um die bayerischen Biomasse-Anlagen, die die CSU schützen will. Gabriel sieht darin jedoch nicht mal einen Konflikt.

Es hätte dort und woanders ja durchaus Gelegenheiten gegeben, heftig aneinander zu rasseln. Aber selbst die verzwickte Frage, wie Langzeitarbeitslose effektiv von der Rente mit 63 ferngehalten werden können, scheint die Koalitionäre nicht ernsthaft bewegt zu haben.

Arbeitsministerin Andrea Nahles wird dazu bis kommenden Mittwoch Vorschläge erarbeiten lassen. Es sei sogar Ziel, die von der Union geforderte Obergrenze von fünf Jahren Arbeitslosigkeit weit zu unterbieten, sagt Gabriel. Womit er und Nahles jetzt mehr Gegner in den eigenen Reihen als in der Union haben dürfte.

Energiewende und Rentengesetz, beides wird im ersten Halbjahr 2014 angegangen. Und wohl auch der Mindestlohn. Alles SPD-Projekte übrigens. Merkel findet in ihrer unnachahmlichen Art: "Wir haben eine klare Arbeitsplanung und haben auch genug zu tun. Aber so, dass wir das schaffen können."

Womit sich die Regierung bis Ende des Jahres aber noch beschäftigen will, wird nicht ganz klar.

Merkel stellt etwas nebulös eine Initiative des Bundes zur Frage "gutes Leben" vor. "Was ist den Bürgerinnen und Bürgern wichtig?", fragt Merkel. Um das herauszubekommen, sollen jetzt Bürgerdialoge organisiert werden. "Welche Anforderungen stellen Menschen an ein gutes Leben?" Wer die vage Hoffnung hatte, eine Bundesregierung wüsste so grob, was ihre Bürger wollen, muss sich jetzt wohl neu orientieren.

Bis in das Jahr 2015 immerhin reicht der Beschluss, den G8-Gipfel auf 1000 Meter Höhe im oberbayerischen Fünf-Sterne-Wellness-Hotel "Schloss Elmau" stattfinden zu lassen, unweit der Zugspitze. Es dürfte kein Zufall sein, dass Verkehrsminister Alexander Dobrindt dort seinen Wahlkreis hat.

Gabriel findet, die Regierung habe auch mit dieser Klausur einen "ausgezeichneten Start" hingelegt. Und Merkel will sich mal wieder nicht auf Positionen festnageln lassen. "Ich bin in alle Projekte durchaus eingebunden", sagt sie knapp. Mehr muss die Welt wohl nicht wissen.

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