Proteste in Iran:Macron ruft Teheran zur Zurückhaltung auf

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Will am Atomabkommen von 2015 festhalten: Irans Präsident Rohani (Foto: dpa)
  • In einem Telefonat mit dem französischen Staatschef Macron hat der iranische Präsident Rohani sein Land als frei und demokratisch bezeichnet.
  • Rohani habe dem französischen Präsidenten versichert, dass Teheran am Atomabkommen von 2015 festhalten werde.
  • Die UN-Botschafterin der USA hat Vorwürfe Irans zurückgewiesen, wonach die Proteste in dem Land vom Ausland aus angestachelt worden seien.

Der iranische Präsident Hassan Rohani hat sein Land in einem Telefongespräch mit seinem französischen Amtskollegen Emmanuel Macron als frei und demokratisch bezeichnet. Allerdings werde seine Regierung Krawalle und gewaltsame Ausschreitungen nicht dulden und dagegen vorgehen, sagte Rohani nach Angaben des Präsidialamtes in Teheran in dem Telefonat. In Iran finden seit Tagen Demonstrationen gegen die Führung des Landes und den islamischen Klerus statt.

Macron rief Rohani im Hinblick auf die Demonstrationen in seinem Land zur Zurückhaltung auf. "Die Grundfreiheiten, insbesondere die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit, müssen respektiert werden", teilte der Élyséepalast mit.

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Angaben des Präsidialamtes in Teheran zufolge habe Rohani dem französischen Präsidenten versichert, dass Iran am Atomabkommen von 2015 festhalten werde. "Der Deal war für alle gut und sollte auch von allen am Leben erhalten werden", wird Rohani in der Erklärung zitiert. Das Abkommen soll es Iran unmöglich machen, Atombomben zu bauen. Im Gegenzug wurden die meisten Wirtschaftssanktionen gegen Iran aufgehoben.

Auch das umstrittene iranische Raketenprogramm war den Angaben zufolge ein Thema des Gesprächs mit Macron. Aussagen Rohanis zufolge diene die gesamte iranische Verteidigungsstrategie nur der Verteidigung des Landes. Es sei keine Bedrohung für die Region. Daher werde Teheran diesbezüglich, trotz westlicher Kritik, keine Kompromisse machen. In Syrien sei Iran auf Wunsch der Regierung in Damaskus für einen gemeinsamen Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat.

US-Regierung weist Vorwurf der Einflussnahme zurück

Derweil hat die UN-Botschafterin der USA Vorwürfe Irans zurückgewiesen, wonach die Proteste in dem Land vom Ausland aus angestachelt worden seien. "Wir alle wissen, dass das kompletter Unsinn ist", sagte Nikki Haley. "Die Demonstrationen sind vollkommen spontan. Sie finden in jeder iranischen Stadt statt." Es zeige sich, dass ein "lange unterdrücktes Volk sich gegen seine Diktatoren erhebt".

Die USA fordern eine Krisensitzungen der Vereinten Nationen in New York und des UN-Menschenrechtsrats in Genf. Sowohl im Sicherheitsrat als auch im UN-Menschenrechtsrat in Genf müssten die Festnahmen und Toten im Zusammenhang mit den Protesten im Iran thematisiert werden. Die Menschen im Land litten unter einer "iranischen Diktatur", sagte Haley. "Wir dürfen nicht stumm sein. Die Bevölkerung Irans schreit nach Freiheit." Sie lobte den Mut der iranischen Demonstranten und verlas Einträge, die Iraner in den sozialen Netzwerken zur Unterstützung der Proteste hinterlassen haben.

In den ersten sechs Tagen der Proteste gegen Führung und Klerus im Iran haben Sicherheitskräfte Hunderte Demonstranten festgenommen. Insgesamt sollen weit über tausend Menschen hinter Gittern sein. Mindestens 21 Menschen sind laut iranischen Medien seit Beginn der Proteste getötet worden, darunter auch ein Polizist.

Die Proteste sind die größten seit der gewaltsam unterdrückten Bewegung gegen die Wiederwahl des damaligen ultrakonservativen Präsidenten Ahmadinedschad 2009. Sie richteten sich zunächst gegen die gestiegenen Preise für Lebensmittel und die hohe Arbeitslosigkeit sowie die Wirtschafts- und Außenpolitik der Regierung, dann aber zunehmend gegen das ganze System. Heftige Kritik gibt es vor allem an der iranischen Nahostpolitik. Israel wirft Iran vor, mit Waffenlieferungen in den Gazastreifen zu einer Eskalation des Konflikts mit militanten Palästinensern beizutragen.

© SZ.de/dpa/AP/Reuters/fie - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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