Pressekonferenz von Barack Obama:"Ich glaube an dieses Land, ich glaube an die Amerikaner"

  • In seiner letzten Pressekonferenz als US-Präsident verteidigt Barack Obama die Freilassung von Whistleblowerin Chelsea Manning.
  • Der Demokrat betont auch die Bedeutung einer freien Presse und fordert die Reporter auf, weiter kritische Fragen zu stellen.
  • Obama will nun seine Memoiren schreiben und sich nicht zur Tagespolitik äußern: Er will sich jedoch zu Wort melden, wenn "wichtige Werte" bedroht werden.

Von Matthias Kolb, Washington

Barack Obama beginnt seine letzte Pressekonferenz als US-Präsident mit einem Seitenhieb. Doch das Opfer ist nicht sein Nachfolger Donald Trump, der am Freitag ins Amt eingeführt wird. Der 55-Jährige witzelt über sich selbst: "Ich hatte überlegt, wieder den beigen Anzug anzuziehen. Aber Michelle, die sich mit Mode besser auskennt, hat mir gesagt, dass man so was nicht im Januar trägt."

Die Journalisten im Weißen Haus lachen, denn alle erinnern sich: Im August 2014 tauchte Obama plötzlich in einem beigen Anzug zur Pressekonferenz auf und TV-Kommentatoren und Hunderttausende Twitter-Nutzer spotteten über #TanSuit. Am Mittwoch, den 18. Januar 2017, ist Obama wieder in dunklen Farben gekleidet und bedankt sich zunächst beim "White House Press Corps": Er sei zwar nicht mit jedem Artikel und allen Schlussfolgerungen einverstanden gewesen, doch die Demokratie brauche eine freie Presse.

Er werde von Freitag an "eifriger Konsument" der Medien sein, versichert Obama. Er zweifle nicht daran, dass die Reporter mit der gleichen Beharrlichkeit Fragen stellen werden, wenn der nächste Präsident ins Weiße Haus zieht. "Unsere Arbeit wird dadurch besser, dass Sie einen Platz in diesem Gebäude haben", ruft Obama.

Da ist er nun, der Seitenhieb gegen Trump: Der neue Präsident nennt die Medien stets "unehrlich" und die meisten Artikel über sich "unfair". Trumps Team hatte darüber nachgedacht, die Reporter des "White House Press Corps" anderswo unterzubringen - dies hätte den Zugang erschwert (nun bleibt offenbar - zunächst - alles beim Alten).

Die erste Frage dreht sich um Whistleblowerin Chelsea Manning, deren Haftstrafe Obama um 28 Jahre verkürzt hatte. Er erklärt die Entscheidung so: Die Soldatin, die Wikileaks Dokumente zugespielt hatte, habe eine "harte Gefängnisstrafe" von sieben Jahren absolviert und ihren Fehler eingesehen. Zudem sei das Urteil "überproportional hart" gewesen. Obama widerspricht dem Vorwurf, dass dies andere Whistleblower zur Nachahmung ermutige. Er betont, dass vermeintliche Missstände intern angesprochen werden müssten (mehr zu Obamas Umgang mit Leakern in diesem SZ-Kommentar).

Obama gibt Tipps an seinen Nachfolger

Über seine Gespräche mit Donald Trump sagt Obama nur, dass diese "freundlich" abliefen und "substanziell" seien. Er könne nicht beurteilen, ob die eigenen Argumente den Republikaner überzeugen: "Das müssen Sie ihn fragen." Einen Tipp habe er oft wiederholt: "Diesen Job kann man nicht alleine machen." Es brauche ein gutes Team, das den Präsidenten mit Informationen versorge und dem man vertrauen müsse. Die Ankündigung von etwa 60 Demokraten, die Amtseinführung boykottieren zu wollen (dazu gehört Bürgerrechtsikone John Lewis), kommentiert Obama nicht: "Ich weiß nur, dass Michelle und ich am Freitag da sein werden."

Er hält nichts davon, die Sanktionen gegen Russland zurückzunehmen - diese Möglichkeit hatte Trump angedeutet. Solange Moskau die Krim annektiere und damit die Souveränität der Ukraine verletze, sollten die Strafmaßnahmen bleiben. Es sei das gute Recht eines neuen Präsidenten, die bisherige Politik zu überprüfen, doch Obama warnt vor Hast: "Man sollte es zu Ende denken."

Zudem freue er sich darauf, mehr Zeit mit seiner Familie zu verbringen und Ruhe zu haben. Er wolle seine Memoiren schreiben und seine Ehefrau Michelle überzeugen, nach dem 25. Hochzeitstag mindestens ebenso lang bei ihm zu bleiben. Er werde sich nicht alltäglich in Debatten, etwa über Steuersätze, einmischen, verspricht der Demokrat. Allerdings werde er sich deutlich zu Wort melden, wenn "unsere wichtigsten Werte gefährdet" würden. Obama nennt drei Fälle:

  • Bei weiteren Anstrengungen, das Wahlrecht - gerade für Minderheiten - einzuschränken: "Wir sind das einzige Land, das es den Bürgern erschwert, ihre Stimme abzugeben."
  • Bei institutionellen Versuchen, die Presse einzuschüchtern oder Kritiker zum Schweigen zu bringen.
  • Wenn jene Jugendliche und jungen Erwachsenen, die von ihren Eltern illegal ins Land gebracht wurden und in den USA aufgewachsen sind, von Abschiebung bedroht würden (mehr über diese Dreamer bei jetzt.de).

Wie schon in seiner optimistischen Abschiedsrede in Chicago, deren Botschaft sich mit "Glaubt an Veränderung" zusammenfassen ließ, zieht Obama auch bei dieser Gelegenheit selbstbewusst Bilanz. Umfragen geben ihm recht: 62 Prozent der Amerikaner sind mit seiner Präsidentschaft zufrieden, nur Bill Clinton und Ronald Reagan erhielten mit 68 Prozent höhere Werte.

Wie in nahezu allen Reden betont Obama, dass die Vielfalt der US-Gesellschaft ein großer Vorteil sei. Das Talent von Menschen, die aus aller Welt in die USA kämen, mache das Land reicher und stärker. Er sei stolz, dass in seiner Amtszeit die Homo-Ehe legalisiert wurde und dankt den Aktivisten für ihren unermüdlichen Einsatz.

Obama setzt auf die nächste, deutlich tolerantere Generation

Zum Ende des einstündigen Auftritts warnt Obama davor, das Thema Rassismus herunterzuspielen. Es stimme nicht, dass die Beziehungen zwischen Weißen und Schwarzen schlechter würden: Sie verbesserten sich. Er sehe dies an jungen Amerikanern wie seinen Töchtern Sasha und Malia: "Ich habe viel mehr Vertrauen in die nächste Generation als in unsere. Sie ist viel toleranter und vielleicht hat meine Präsidentschaft dazu ein bisschen beigetragen."

In den vergangenen Wochen hatte Obama nach dem für viele liberale US-Bürger schockierenden Wahlsieg von Donald Trump dafür geworben, dem neuen Präsidenten eine Chance zu geben und sich optimistisch gegeben. Immer wieder hätten ihn Journalisten hinter verschlossenen Türen gelöchert, ob er dies wirklich ernst meine. Obama wiederholt selbstbewusst seine positive Botschaft: "Ich glaube an dieses Land, ich glaube an die Amerikaner."

Die US-Bürger sollten weiter hart arbeiten und dürften natürlich "nichts als gesichert" ansehen. Aber Amerikas erster schwarzer Präsident ruft zum Ende einer historischen Amtszeit seinen verunsicherten Bürgern zu: "Am Ende werden wir alle okay sein." Er setze auf die Medien, dass sie den Mächtigen weiter kritisch auf die Finger schauen und verabschiedet sich mit den Worten: "Vielen Dank, Journalisten - und viel Glück."

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