Politische Ambitionen des Ex-Ministers:Guttenbergs Operation Lazarus

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Der politisch dahingeschiedene und in Schande gewichene Ex-Doktor Karl-Theodor zu Guttenberg meldet sich per Interview zurück und scheint bald wieder mitspielen zu wollen. Er kokettiert damit, sich an die Spitze einer "Senior-Piratenpartei" zu stellen. Seine Botschaft an die Union ist klar: "Macht mir ein Angebot, sonst mach' ich mir selbst eins."

Kurt Kister

An Lazarus erinnert man sich, weil ihn der Herr auferweckt hat von den Toten. Karl-Theodor zu Guttenberg versucht gerade eine ähnliche Operation, und wie es Guttenberg geziemt, spielt er dabei in Personalunion die Rolle des Dahingeschiedenen und die des Auferweckenden.

Interview in der Zeit: Guttenberg versucht sich als politisches Gesamtkunstwerk wieder auf die politische Bühne zu bringen. (Foto: dpa)

Der politisch dahingeschiedene Guttenberg ist jener in Schande aus dem Ministerium gewichene Ex-Doktor, der seinem Nachfolger auch noch ein unbestelltes Haus hinterlassen hat. Der Auferweckende wiederum ist der in den USA vorübergehend exilierte fränkische Adlige, der im neuen Look (kein Gel mehr) mit einem langen Interview-Buch sich nun in Deutschland zurückmeldet. Man muss annehmen, dass dieses Buch mehr als nur der erste Schritt sein soll, um das politische Gesamtkunstwerk Guttenberg wieder auf die hiesigen Bühnen zu bringen.

Dass Guttenberg auch heute noch daran festhält, die Doktorarbeit nicht plagiiert und nicht damit betrogen zu haben, nimmt man genauso kopfschüttelnd zur Kenntnis wie seine Version, das Chaos in ihm habe zu jener Patchwork-Diss geführt. Wenn man liest, wie er sich einerseits selbst beschimpft ("Dummheit", "Blödsinn verfasst") und andererseits aber bewusstes Handeln bestreitet, fragt man sich schon, wie viele Guttenbergs in dieser einen Brust wohl wohnen.

Wie viele es auch immer sein mögen, sie alle wollen zurück in die Politik. Und dies muss keineswegs über die CSU passieren, so jedenfalls lautet die zentrale politische Botschaft. Die Volksparteien, auch die CSU, hält Guttenberg in biologistischer Wortwahl für "infiziert" und gewissermaßen in Lebensgefahr. Sein mögliches Engagement in einer neuen Partei lässt er so offen, dass dies für einen Politiker seines Schlages nichts anderes heißt als: Macht mir ein Angebot, sonst mach' ich mir selbst eins.

Jene neue Partei der Mitte ist eine Chimäre, die vor allem unter Merkel-Geschädigten, Man-wird-doch-wohl-noch-mal-sagen-dürfen-Herren sowie den Angehörigen eines noch fiktiven "Freundeskreises D-Mark" gepflegt wird. Friedrich Merz wäre der Chef des Jugendverbandes dieser ungeborenen Partei, Hans-Olaf Henkel der Generalsekretär, Udo Di Fabio der Programmatiker und Peter Gauweiler der Justitiar.

Ja, das sind alles Leute, die tendenziell ihre Zukunft hinter sich haben. Andererseits wächst die Anzahl jener Bürger, die glauben, dass die wirklichen Werte der Union in den achtziger Jahren gepflegt wurden, heute aber wenn nicht von Verrat, so doch von Gleichgültigkeit bedroht werden.

Guttenberg passt in dieses Schema, auch wenn er eigentlich zu jung für diese Senior-Piratenpartei ist. Sollte es, und sei es im Falle der Eskalation der Euro-Krise, zu einer Parteigründung kommen, würde Guttenberg sicher von den Protagonisten der sich als "wahre CDU" empfindenden Gruppierung umschwärmt werden. Seinem anhaltenden Problem mit der Wahrheit könnte er durch Reue und noch einem Interview-Buch begegnen.

© SZ vom 25.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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