Pegida:Eine Absolution des Mitläufertums ist unangebracht

Participants hold up their mobile phones and wave German national flags during a demonstration called by anti-immigration group PEGIDA in Dresden

Eine Pegida-Demonstration am 8. Dezember in Dresden

(Foto: REUTERS)

Einige Politiker äußern Verständnis für Montagsdemonstranten, die sich, von diffusen Sorgen geleitet, Fremdenfeinden anschließen. Die Frage ist: Warum eigentlich?

Kommentar von Nico Fried

Manch ein ehrenwerter Politiker bemüht sich, dem Phänomen der sogenannten Pegida mit jener Fähigkeit zu begegnen, die der selbsternannten Organisation zur Rettung des Abendlandes eher abgeht: Differenzierung. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) und sein Amtskollege aus Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger (SPD), haben das vor einiger Zeit beispielhaft exerziert. Beide unterschieden säuberlich die ausländerfeindliche Hetze der Pegida, die nicht zu tolerieren sei, von der "diffusen Angst" (Jäger) und den "Sorgen" (de Maizière) vieler Demonstranten, die man ernst nehmen müsse. Die Frage ist: Warum eigentlich?

Pegida veranstaltet sogenannte Montags-Demonstrationen, um damit eine Parallele zu den historischen Vorbildern herzustellen, mit denen Menschen vor 25 Jahren in der DDR einen diktatorischen Staat zu Fall brachten. Die Demonstranten rufen "Wir sind das Volk", wie es auch die DDR-Bürger gerufen haben, die allerdings noch Angst haben mussten, in den Knast zu wandern - Pegida-Demonstranten kommen nur ins Fernsehen. Zugleich wird von gleichgeschalteter Presse geschwafelt und eine Parallele zur Nazi-Zeit suggeriert. Pegida nutzt also alle Freiheiten des demokratischen Systems, um es zu diskreditieren und mit Systemen in Verbindung zu bringen, in denen es so etwas wie Pegida nie hätte geben können.

Es gibt viele bessere Möglichkeiten, Ängste zu artikulieren

Trotzdem will die Politik differenzieren zwischen denen, die kalkuliert mit Nationalismus und Vorurteilen gegen Ausländer provozieren, und jenen, die da nur mitmarschieren, aber angeblich irgendwie verständliche Ängste haben. Das ist falsch. Denn es enthebt die Sympathisanten ohne Grund ihrer Verantwortung für die Mittel und Wege, mit denen sie ihre wie auch immer gearteten Besorgnisse öffentlich verbreiten. Es gibt aber in Deutschland viele Möglichkeiten, Ängste zu artikulieren, ohne dass man dafür hinter Ausländerfeinden die Reihen schließen muss.

Eine Absolution des Mitläufertums ist auch unangebracht, weil sie die Sorgen anderer Bürger entwertet - zum Beispiel die Sorgen ehrenamtlicher Helfer, die sich darum bemühen, dass Flüchtlinge hier gut aufgenommen werden, oder die Sorgen von Lehrern und Eltern, die dazu beitragen, dass syrische Kinder, die Vater und Mutter verloren haben, in deutschen Schulen etwas lernen, wenn sie schon sonst nichts mehr haben. Eine Politik, die konkrete Hilfe für selbstverständlich hält, diffuse Ängste aber für etwas, worum man sich kümmern muss, macht es Pegida zu leicht.

Deswegen ist es auch verkehrt, wenn Christdemokraten angeblichen Sorgen vor einer angeblichen Islamisierung mit einem Burka-Verbot angeblich begegnen wollen. Das muss manchen Pegidadisten darin bestärken, dass es einfache Lösungen für komplizierte Probleme gibt, selbst wenn es Probleme sind, die überhaupt nicht existieren. Das Burka-Verbot hat Thomas de Maizière auf dem CDU-Parteitag zu verhindern geholfen und damit gezeigt, dass er eigentlich sehr wohl an der richtigen Stelle zu differenzieren weiß.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: