Panama Papers:Chinesen tricksen Zensur mit Gedicht aus

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Nicht nur die Zensur, auch der Smog vernebelt den Pekingern manchmal die Sicht (Foto: Reuters)

Die Regierung in Peking lässt die Panama Papers aus dem Internet löschen. Doch Nutzer finden andere Wege.

Von Kai Strittmatter, Peking

Panama ist nun schon seit fast einer Woche verschwunden aus Chinas größtem Mikroblogging-Dienst Weibo. Suchen kann man das Land schon noch, nur finden wird man nichts mehr. Stattdessen steht da auf dem Bildschirm die Meldung: "Relevanten Gesetzen und Regeln zufolge werden die Ergebnisse für 'Panama' nicht angezeigt." Ebenso blockiert ist die Suche "Xi Jinping und Panama". Oder "Xi Jinping und Schwager".

Mit einem Mal ist der Schwager wieder eine heikle Figur in Chinas Cyberspace, der Schwager des KP-Chefs und Präsidenten zumindest, ein Mann namens Deng Jiagui, der nämlich taucht als einer der Briefkastenfirmenbesitzer in den Panama Papers auf. Untersagt ist auch die Suche nach "Schwager und Prinzessin" - die Prinzessin, das wäre in diesem Fall das Codewort der Internetbenutzer für Li Xiaolin, Tochter des ehemaligen Premiers Li Peng, ebenfalls in den Papieren vertreten. So wie die Verwandten von acht amtierenden oder ehemaligen Politbüromitgliedern. Und obwohl bislang keiner einzigen dieser Firmen illegale Geschäfte nachgewiesen wurden, arbeitet die Zensur auf Hochtouren.

Noch am Dienstag meldete die in den USA registrierte Anti-Zensur-Webseite "FreeWeibo" folgende Top Five der Suchbegriffe: "Xi Jinping und Familie", "Panama", "Xi Jinping", "Panama Papers" und "Schwager". Deng Jiagui, der Ehemann der älteren Schwester von Parteichef Xi Jinping, bereitet Xi schon seit 2012 unangenehme Schlagzeilen: Damals enthüllte eine Recherche der Agentur Bloomberg erstmals das geheime Vermögen des Ehepaares. Seither ist "Schwager" in Chinas Netz ein beliebter Code für Korruption und unsaubere Beziehungen zwischen den Mächtigen und Reichen im Land - zu sehen auch in dem Gedicht, das in den vergangenen Tagen in Chinas Netz zirkulierte.

Die Propaganda spricht von einer Verschwörung der USA

Peking reagierte aus drei verschiedenen Richtungen. Das Außenministerium wies die "grundlosen Anschuldigungen" zurück, die Zensur arbeitete vom ersten Tag an gründlich: "Wenn sich auf Webseiten Material ausländischer Medien findet, die China attackieren, dann wird das schwerwiegende Folgen haben", hieß es in einer Direktive an die Redaktionen, welche das Portal China Digital Times zitierte.

Die Propaganda schließlich reagierte mit ihrem eigenen Spin: "Mächtige Kräfte" aus dem Ausland steckten hinter den Enthüllungen, schrieb die Pekinger Global Times vergangene Woche. Letztlich sei es eine Verschwörung der USA, um China zu schwächen. Doch da solche Artikel üblicherweise die Aufmerksamkeit der Chinesen erst recht auf ein Thema lenken, wurde das eigene Propagandastück in der Online-Version schnell wieder gelöscht.

Was die breite Masse angeht, funktioniert die Zensur ziemlich gut, informiert sind fast nur Teile der städtischen Elite, die über technische Tunnel Chinas Zensur umgehen. Informiert sind wohl aber auch Teile der Parteielite, was wiederum ein größeres Problem für Xi Jinping sein dürfte: Der Parteichef steht unter Druck, er hat sich mit seiner Antikorruptionskampagne und den einhergehenden Säuberungen Feinde gemacht. Die immer wiederkehrenden Enthüllungen über seinen Schwager machen ihn angreifbar.

© SZ vom 13.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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