Panama:Im Zirkel der Macht

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Ramón Fonseca und Jürgen Mossack verkehrten in Panama in den höchsten politischen Kreisen.

Von Peter Burghardt

Auf einmal räumten die beiden Anführer von Mossack Fonseca zumindest ihre offiziellen Posten an Panamas Spitze. Es ging plötzlich ganz schnell. Im März legte Ramón Fonseca sein Mandat als Berater von Präsident Juan Carlos Varela im Ministerrang nieder, außerdem übernahm ein anderer sein Amt als geschäftsführender Vorsitzender der Regierungspartei Panameñista. Er habe um eine Auszeit gebeten, "um meine Ehre zu verteidigen", erläuterte Fonseca. Sein Finanzunternehmen war gerade im Zusammenhang mit einer Bestechungsaffäre in Brasilien aufgefallen, doch vor allem hatten ihn soeben Fragen der SZ zu den Panama Papers aufgeschreckt. Als das Datenloch dann weltweit bekannt geworden war, kündigte Anfang April auch Fonsecas Partner Jürgen Mossack seinen Nebenjob in Panamas Nationalrat für Auslandsbeziehungen.

Da fiel selbst einem breiteren Publikum wieder auf, wie nah diese beiden Männer mit ihren 14 000 internationalen Großkunden und 214 000 Briefkastenfirmen den panamaischen Entscheidungsträgern waren oder es noch immer sind. Dass sie mit dem Staatschef zusammensaßen und mit der Vizepräsidentin und Außenministerin. Denn bevor sich die zwei von ihren sichtbaren Aufgaben im engsten Kreis der politischen Führung verabschiedeten, mussten sie es erst mal in diesen exklusiven Zirkel geschafft haben. Wobei nicht mehr ganz klar ist, wer da wem mehr zu verdanken hat, die Politik ihnen oder sie der Politik.

In der Ära Noriega wurde Mossack Fonseca immer mehr zum Global Player

Sicher ist, dass dieses Panama für ein Gespann wie Mossack/Fonseca zu einem idealen Ort wurde, um von dort aus dieses globale Netzwerk zu weben. Schon wer sich dem schönen Kleinstaat am Isthmus von Mittelamerika heutzutage aus der Luft nähert, der ahnt die Vorzüge. Küste, Kanal, koloniale Altstadt, Wolkenkratzergeschäftszentrum, Villenviertel und ein prächtig angebundener Flughafen - es liegt alles recht nahe beisammen, und unter den nur 3,3 Millionen Einwohnern kennt man sich in gehobenen Kreisen.

Jürgen Mossack, geboren 1948 in Fürth als Sohn eines früheren SS-Mitglieds, war mit seinen Eltern nach Panama ausgewandert, studierte Jura und gründete 1977 die Jürgen Mossack Lawfirm. Die gesellschaftliche Elite empfing ihn offenbar mit offenen Armen, die Karriere setzte sich 1986 mit dem Anwalt Ramón Fonseca, Jahrgang 1952, fort. Es war die Zeit, als der General Manuel Noriega ("Ananas-Gesicht") seine Heimat zur Geldwaschanlage für das Medellín-Drogenkartell des Kolumbianers Pablo Escobar machte, ehe die USA ihren vormaligen Verbündeten Noriega im Rahmen einer Militärinvasion 1989 abholten. Inzwischen ist er aus einer Zelle in Miami in ein heimisches Gefängnis umgezogen.

In der Ära Noriega begann für Mossack Fonseca der Aufstieg zum Global Player. Und zu Hause blieben die Regeln für üppige und diffuse Transaktionen auch lax, als Noriegas gewählte Erben folgten. Zur überschaubaren Politspitze von Panama pflegte und pflegt das Duo Mossack/Fonseca laut der Quellen nicht nur beste Kontakte. Der spanischen Zeitung El Mundo versicherte ein Eingeweihter sogar: "Es hieß immer, Mossack habe mehr Macht als der Präsident, und jetzt glaube ich es." Jürgen Mossacks Anwesen liegt in der Luxussiedlung Altos de Golf von Panama-Stadt, dem Revier von Politikern, Diplomaten und Unternehmern. "El alemán", der Deutsche, wurde Mitglied im Club Unión, wo sich die Reichen und Berühmten treffen, und 2009 im Außenamtsrat Conarex, den Panamas vormaliger Präsident Ricardo Martinelli ins Leben gerufen hatte. Martinellis Vize und Außenminister damals: Juan Carlos Varela, das aktuelle Staatsoberhaupt. Inzwischen haben sich Martinelli und Varela zerstritten, gegen Martinelli wird wegen Korruption und Spionage ermittelt, er setzte sich in die USA ab und will bald zurückkehren. Jürgen Mossack aber machte bis vor Kurzem unter Varelas Leitung weiter. Sein Bruder Peter Mossack ist Panamas Honorarkonsul in Frankfurt.

Partner Fonseca wiederum machte sich auch als Schriftsteller einen Namen und gewann sogar Preise. Einer seiner Romane trägt den Titel "Mister Politicus", bei dem Thema weiß er Bescheid. "Klar, ich kenne jede Figur, auch aus der politischen Welt", sagte er mal in einem Interview über seine Bücher. "Ich bin ein bisschen in die Politik eingedrungen." Sein Vater habe ihm erklärt, es sei nicht gerecht, den Torero vom Sitz aus zu kritisieren: "Geh' in die Arena!"

Mindestens bis zu seinem Rückzug war er Parteimanager und hochrangiger Ratgeber des Präsidenten Varela. Insider versichern, dass Ramón Fonseca zu seinen wichtigsten Wahlhelfern gezählt habe. Er gehöre zum innersten Kreis im Präsidentschaftspalast, ebenso sein Bruder José und andere Vertraute, berichtet die Zeitung Panamá América. Varela und Fonseca gelten als Freunde. Fonsecas Bruder Alfredo Fonseca leitet obendrein die Aufsicht der zivilen Luftfahrt in Panama, Sohn Eduardo ist Panamas Generalkonsul in Dubai.

So bleibt vieles in der Familie. Spöttern kommt Mossack Fonseca vor wie eine Art Staatskanzlei. Aus den USA treffen Drohungen des schwer belasteten ehemaligen Präsidenten Martinelli ein: Fonseca werde für seine Attacken auf seine (Martinellis) Regierungsbilanz bezahlen. Präsident Varela verspricht Aufklärung im Falle der Panama Papers und klagt, das Image Panamas dürfe nicht beschädigt werden. Bisher schützen sich Mossack Fonseca und er eher. Ramón Fonseca verkündete laut der New York Times über Whatsapp: "Am Ende dieses Sturms wird der Himmel blau sein, und die Leute werden wissen, dass das einzige Verbrechen das des Hackers war."

© SZ vom 14.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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