NSU-Prozess:Angehörige der NSU-Opfer verklagen den Staat

NSU-Prozess: Am 21. März 2013 wird in Nürnberg eine Gedenktafel für die Opfer der NSU-Morde eingeweiht. In Nürnberg wurden drei Menschen von den rechtsextremen Terroristen ungebracht.

Am 21. März 2013 wird in Nürnberg eine Gedenktafel für die Opfer der NSU-Morde eingeweiht. In Nürnberg wurden drei Menschen von den rechtsextremen Terroristen ungebracht.

(Foto: Johannes Simon/Getty Images)
  • Die Angehörigen zweier mutmaßlicher Opfer des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) haben den Staat auf Schadenersatz verklagt.
  • Ihrem Anwalt zufolge stützen sich die Klagen auf die Pannen bei der Fahndung nach dem untergetauchten NSU-Trio.
  • Außerdem habe die Polizei die Angehörigen zu Unrecht verdächtigt und unter Druck gesetzt.

Die Morde des rechtsextremen NSU-Trios beschäftigen jetzt auch ein Zivilgericht. Zwei Familien von Opfern des "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU) haben den Staat auf Schadenersatz verklagt. Das Landgericht Nürnberg bestätigte inzwischen, dass deswegen zwei Verfahren anhängig sind. Beklagte sind der Bund, der Freistaat Bayern und der Freistaat Thüringen. Es gehe um 50 000 Euro für jedes Familienmitglied.

Bei den Klägern handelt es sich um Angehörige von Enver Simsek und Ismail Yasar. Simsek war am 9. September 2000 das erste Mordopfer des rechtsextremistischen NSU. Sowohl Simsek als auch Yasar waren in Nürnberg mutmaßlich von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt erschossen worden.

Fahndungspannen und unrichtige Verdächtigungen

Ihr Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler sagte, die Klagen stützten sich auf die Pannen bei der Fahndung nach dem untergetauchten NSU-Trio. Mundlos, Böhnhardt und Beate Zschäpe hätten spätestens 2000 festgenommen und die Morde damit verhindert werden können. Außerdem habe die Polizei die Angehörigen zu Unrecht verdächtigt und unter Druck gesetzt sowie Anschuldigungen frei erfunden. Darüberhinaus habe der Staat mehrere Hunderttausend Euro an V-Leute ausbezahlt, die mit dem Geld die Terroristen unterstützt hätten.

Die beiden Klagen der Familien Simsek und Yasar werden voraussichtlich nicht die einzigen bleiben. Auch ein Angehöriger des mutmaßlich in Rostock von Mundlos und Böhnhardt ermordeten Mehmet Turgut hat seinen Anwalt, Bernd Behnke, mit einer Klage beauftragt. Behnke sagte, er warte zunächst das Ende des NSU-Prozesses ab. Eine solche Klage vor einem deutschen Gericht schätzt er als "sehr schwierig" ein. "Aber", so Behnke, "es gibt auch die Möglichkeit, vor ein ausländisches Gericht zu ziehen und dort den deutschen Staat zu verklagen." Er denke dabei an ein türkisches Gericht, in Istanbul oder Ankara.

Der "Psychiaterstreit" legt den NSU-Prozess lahm

Das NSU-Trio war 1998 in den Untergrund abgetaucht und erst im November 2011 nach einem missglückten Banküberfall aufgeflogen. Strafrechtlich wird das Verfahren seit mehr als vier Jahren im Münchner NSU-Prozess mit Beate Zschäpe als Hauptangeklagter aufgearbeitet. Aktuell steht der Prozess allerdings wegen des "Psychiaterstreits" still. Henning Saß, der Gutachter des Gerichts, hält Zschäpe für voll schuldfähig und weiterhin gefährlich. Joachim Bauer, von Zschäpes neuer Verteidigung als psychiatrischer Gutachter eingesetzt, meint dagegen, die Hauptangeklagte sei ein Opfer ihrer Beziehung zu Mundlos und Böhnhardt gewesen. Derzeit ist offen, wann der Prozess endet.

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