NSA-Whistleblower Edward Snowden:Verärgerter Obama will trotzdem nach Russland reisen

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US-Präsident Obama bescheinigt in einem TV-Interview mit Talkmaster Jay Leno der russischen Regierung eine "Denkweise des Kalten Krieges". Trotzdem will er zum G20-Gipfel nach St. Petersburg fliegen. Auch ein Treffen von Außen- und Verteidigungsminister findet trotz des diplomatischen Streits um den NSA-Whistleblower Snowden statt.

Trotz des diplomatischen Gezerres um Whistleblower Edward Snowden wollen die Außen- und Verteidigungsminister der USA ihre russischen Kollegen am Freitag in Washington empfangen. Das seit Juni geplante Treffen von US-Außenminister John Kerry, Verteidigungsminister Chuck Hagel und ihren russischen Kollegen stand auf der Kippe, nachdem Moskau dem Asylgesuch Snowdens vergangene Woche stattgegeben hatte.

Beim Treffen mit Außenminister Sergej Lawrow und Verteidigungsminister Sergej Schoigu wollen die USA eine Reihe von Fragen klären, hieß es. Unter anderem sollen der Fall Edward Snowden, die Krise in Syrien sowie das iranische Atomprogramm Thema werden. Die sogenannten "Zwei-plus-Zwei"-Verhandlungen zwischen den USA und Russland wurden zuletzt im Jahr 2007 geführt.

Trotz des Streits über den Umgang mit dem früheren US-Geheimdienstmitarbeiter Snowden will Präsident Barack Obama nach eigenen Worten am G20-Gipfel in St. Petersburg teilnehmen. Zugleich äußerte er sich enttäuscht darüber, dass die russischen Behörden Snowden vorübergehend Asyl gewährt haben. Die Regierung in Moskau verfalle manchmal in die Denkweise des Kalten Krieges, beklagte Obama am Dienstag in der NBC-Talkshow "The Tonight Show" im Gespräch mit Moderator Jay Leno.

Neue Enthüllungen angekündigt

Der G20-Gipfel findet am 5. und 6. September statt. Obama ließ offen, ob er den russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einer gesonderten Begegnung treffen wird. Aus dem Präsidialamt war verlautet, man prüfe, ob diese Zusammenkunft sinnvoll sei. Ein Sprecher des Weißen Hauses sagte erst am Montag, eine Entscheidung falle in kommenden Tagen. "Wir sind natürlich überhaupt nicht einverstanden mit Russlands Entscheidung zu Herrn Snowden", fügte er hinzu.

Die USA hatten vehement eine Auslieferung Snowdens verlangt, doch die russischen Behörden gewährten ihm nach längerem Zögern schließlich Asyl für ein Jahr. Der Computerexperte hatte geheime Dokumente zur Überwachung des Internet- und Telefonverkehrs durch die US-Geheimdienste öffentlich gemacht. Über Hongkong landete er auf dem Moskauer Flughafen Scheremetjewo, wo er mehrere Wochen festsaß, weil die USA seine Reisedokumente für ungültig erklärt hatten.

Unterdessen kündigte der US-Journalist Glenn Greenwald, der für die britische Tageszeitung The Guardian aus Brasilien berichtet, weitere Enthüllungen an. Snowden habe ihm 15.000 bis 20.000 Dokumente übergeben, sagte er vor dem Auswärtigen Ausschuss des brasilianischen Senats. "Es wird mit Sicherheit weitere Enthüllungen über die Spionageaktivitäten der US-Regierung und ihrer Verbündeten geben", ergänzte er. Greenwald hatte auch in der brasilianischen Tageszeitung O Globo Berichte über umfangreiche Abhöraktivitäten des US-Geheimdiensts in Brasilien veröffentlicht.

© Süddeutsche.de/dpa/Reuters/jasch - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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