NS-Folklore:Mit dem Hakenkreuzkoffer durch Colmnitz

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Ein sächsisches Dorf feiert seine Kirche, seine Kaninchenzüchterverein und seine Geschichte. Mit dabei: Wehrmachtsuniformen und Militärfahrzeuge. "Der Zweite Weltkrieg gehört einfach dazu", heißt es vom Heimatverein.

Von Timo Nicolas

In Colmnitz ist die Wehrmacht zurück - jedenfalls für die Dauer eines Festumzuges. Der war am Sonntag der Höhepunkt eines zehntägigen Heimatfestes, mit dem der Ort nahe Freiberg seine 850 Jahre alte Kirche, seine freiwillige Feuerwehr sowie "110 Jahre Rassekaninchenzüchterverein" feiert. Fotos, die auf Spiegel Online veröffentlicht wurden, zeigen Teilnehmer des Umzuges in Wehrmachtsuniformen durch das Dorf laufen. Außerdem Militärfahrzeuge aus der NS-Zeit, wie einen alten Kübelwagen in Tarnfarben, mit aufgebautem Maschinengewehr. Auch das verbotene Hakenkreuzsymbol wurde öffentlich getragen.

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Feiert Colmnitz so seine Kaninchenzüchter? Mit Wehrmachtsfolklore? Nein, sagt Thomas Schumann, Gründungsmitglied des Heimatvereines, der das Fest und den Umzug veranstaltet hat. "Es ist eine Retrospektive der letzten 900 Jahre. Es soll darstellen, was in unserem Ort alles passiert ist. Der Zweite Weltkrieg gehört da eben dazu." Man dürfe diese Zeit nicht einfach unterschlagen, meint Schumann weiter. Insgesamt sind nach Angaben des Veranstalters etwa 300 Menschen bei dem Festzug mitgelaufen, die Teilnehmer in Wehrmachtsuniform seien nur ein kleiner Teil davon gewesen und, so vermutet Schumann, nicht einmal selbst aus dem 1400-Seelen-Ort. "Ich bin mir sehr sicher, dass sie nicht aus Colmnitz stammen, sondern aus der Region kommen."

Trotzdem wurden sie vom Verein eingeladen, an dem Festumzug teilzunehmen. Das sei durchaus kritisch zu bewerten, sagt Markus Kemper vom Kulturbüro Sachsen, das sich gegen Rechtsextremismus engagiert. "Es ist sehr unbedacht, dass sie eingeladen wurden, ohne dass dabei die Alarmglocken losgehen." Hakenkreuze in der Öffentlichkeit dürften keine Selbstverständlichkeit sein, es zeige eine mangelnde Distanz zur Vergangenheit. "Das kommt bei einigen als Verherrlichung dieser Zeit an", sagt Kemper.

NS-Uniformen in Sachsen häufiger zu sehen

Auf Dorf- und Stadtfesten ist in Sachsen NS-Folklore durchaus häufiger zu sehen. 2012, beim "Tag der Sachsen" in Freiberg, fuhr der Linkspartei zufolge eine Gruppe namens "Militärtechnikfreunde Sachsen" in original Uniformen und Fahrzeugen durch die Stadt. Auch davon gibt es Fotos. Es war offenbar auch nicht der erste Vorfall dieser Art beim Tag der Sachsen.

Das Kulturbüro Sachsen wird nach eigenen Angaben mindestens einmal im Jahr auf Vergleichbares aufmerksam gemacht. Das sei einmal zu viel. Besonders, wenn verfassungswidrige Symbole offen getragen werden. "Der Verein muss sich klar distanzieren", fordert Kemper deshalb von den Veranstaltern in Colmnitz. Die tun sich damit jedoch schwer. "Wenn Symbole gezeigt wurden, die rechtlich verboten sind, dann wurde da ein Fehler gemacht", sagt Vereinsmitglied Schumann. Ansonsten scheint man aber mit den Uniformen und dem Kriegsgerät keine Probleme zu haben. Es sei eben ein Teil der Geschichte von Colmnitz.

Der Fotograf jener Bilder lobt ansonsten übrigens das Engagement der Veranstalter und Bürger.

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