NRW-Wahl: TV-Duell:Gepflegter Umgangston

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Am Ende der TV-Debatte zwischen Hannelore Kraft und Jürgen Rüttgers steht es unentschieden. Der Ministerpräsidenten wagte des öfteren den Angriff, wirkte aber seltsam rückwärtsgewandt.

D. Graalmann

Das TV-Duell zwischen dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers (CDU) und seiner SPD-Herausforderin Hannelore Kraft war inszeniert wie ein einsames Duell. Die Vulkanhalle, eine ehemalige Leuchtenfabrik im früheren Kölner Industrieviertel Ehrenfeld, war freigeräumt worden. Inmitten der riesigen Halle standen - neben den beiden WDR-Moderatoren - einzig die beiden Anwärter auf das Amt des NRW-Regierungschefs.

Wahlkampf im Fernsehen: SPD-Herausforderin Hannelore Kraft und Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU). (Foto: Foto: dpa)

Sie wirkten seltsam verloren in dieser Kulisse, vielleicht war es auch nur der gerechte Ausdruck dafür, wie wenig Möglichkeiten ein Ministerpräsident - egal ob männlich oder weiblich - angesichts der bedrückenden Finanzlage hat.

Am Ende des 60-minütigen Live-Duells im WDR-Fernsehen gab es wie immer Einflüsterer, die von einem "klarem Punktsieg" für ihren Parteichef sprachen. Dabei war es dann doch eher ein handelsübliches Unentschieden.

Immerhin: Die Unterschiede der beiden Kontrahenten etwa in der Bildungspolitik kamen in der Debatte deutlich zum Vorschein, aber sowohl Kraft wie auch Rüttgers gaben sich erkennbar Mühe, einen gepflegten Umgangston miteinander zu wahren.

Dabei war es überraschenderweise der Amtsinhaber Rüttgers, der entgegen seiner sonstigen Strategie als versöhnender Landesvater des öfteren den Angriff wagte und die Sozialdemokratin insbesondere im Rückgriff auf die 39 Jahre währende Regierungszeit der SPD attackierte. "Ich kann wirklich nicht alles anpacken, was Sie alles gar nicht erst angefasst haben", entfuhr es Rüttgers. Kraft nahm diesem Versuch, sie immer noch für die Vergangenheit zu schelten, gelassen wie selbstkritisch die Spitze: "Wir sind 2005 abgewählt worden, weil wir nicht alles richtig gemacht haben."

Stattdessen nutzte Kraft ihr abschließendes Wort, um die Wahl am 9. Mai auch zur Denkzettel-Wahl für die Berliner Bundespolitik und die regierende CDU/FDP-Koalition zu stilisieren. Es gehe, sagte Kraft mit Verweis auf eine mögliche Kopfpauschale in der Gesundheitspolitik, bei der Landtagswahl um die Frage, "ob wir solidarisch bleiben wollen oder zur Ellbogengesellschaft werden. Es geht um eine Richtungswahl."

Rüttgers dagegen vermied es verständlicherweise, sich zur strauchelnden Berliner Koalition zu bekennen und verwies stattdessen weiter auf seinen früheren Kampf zur Revision von Hartz IV. Er wirkte seltsam rückwärtsgewandt. Bei seinen Schlusswort vermied es Rüttgers gar, das Wort CDU überhaupt zu erwähnen und schwärmte lieber pastoral-pathetisch vom "wunderschönen Land Nordrhein-Westfalen", das "Erfahrung und Kompetenz" sowie "stabile Verhältnisse" brauche.

Die wird es so oder so geben, auch wenn Kraft es erneut unterließ, eine Koalition mit den Linken verbal eindeutig auszuschließen. Aber dies gehört zur SPD-Strategie. Sowohl die Sozialdemokraten als auch Ministerpräsident Rüttgers wissen: Die Umfragen legen derzeit durchaus nahe, dass sich die beiden Duellanten nach dem 9. Mai bei den Verhandlungen über ein große Koalition erneut begegnen könnten. Wieder auf Augenhöhe.

© SZ vom 27. April 2010/segi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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