Regierungserklärung von Hannelore Kraft:Appell zur Zusammenarbeit

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"Für jede Entscheidung eine Mehrheit": Hannelore Kraft steht in Nordrhein-Westfalen einer rot-grünen Minderheitsregierung vor und will aus dieser Not eine Tugend machen: Sie nimmt die Opposition in die Verantwortung - insbesondere in der Schulpolitik.

Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) hat die Opposition im Landtag zur Zusammenarbeit mit der rot-grünen Minderheitsregierung aufgefordert. "Diese Landesregierung wird für jede Entscheidung eine Mehrheit suchen", sagte die stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende in ihrer ersten Regierungserklärung.

Zwei Monate nach ihrer Wahl zur nordrhein-westfälischen Ministerpräsidentin gibt Hannelore Kraft, die Chefin der rot-grünen Minderheitsregierung, im Landtag ihre erste Regierungserklärung ab. (Foto: dpa)

Ausdrücklich nannte sie dabei die Schulpolitik. "Wir sind zu einem Bildungskonsens bereit." Kraft versprach, Rot-Grün werde bei der Einführung der Gemeinschaftsschule "mit Augenmaß vorgehen und den Willen der Eltern und unserer Kommunen respektieren". Die Gemeinden sollen selbst entscheiden, ob und in welcher Form sie Gemeinschaftsschulen einführen.

Nach dem Willen von SPD und Grünen sollen alle Schüler in NRW mindestens bis zur sechsten Klasse gemeinsam lernen. Dies stößt bei CDU und FDP auf Ablehnung. Sie befürchten das Aus für die Gymnasien. Der Linken gehen die Pläne nicht weit genug.

Bei der Landtagswahl am 9. Mai hatten SPD und Grüne die absolute Mehrheit um einen Sitz verfehlt. Um Gesetze durchzubringen, sind sie auf Unterstützung aus den Reihen der anderen drei Fraktionen angewiesen. Das erfordere einen anderen Stil in der Politik, sagte Kraft. Regierung und Opposition hätten die Chance, "Respekt, Anerkennung und Zustimmung zu erwerben, wenn sie mit dieser Situation verantwortungsvoll umgehen". Die Bürger wollten "weder Fundamentalopposition noch mutloses Regieren."

Kraft verteidigte die Pläne der Landesregierung für zusätzliche Schulden. Die erhöhte Kreditaufnahme sei nötig, um in Vorbeugung, Betreuung und Bildung zu investieren. "Wir bekennen uns offen und selbstbewusst dazu, dass dies zunächst höhere Ausgaben und vielleicht zusätzliche Schulden bedeutet." Eine Politik des Rotstifts mit Kürzungen beim Personal und den Sozialausgaben bringe bestenfalls kurzfristige Entlastungen, führe aber gleichzeitig zu einem Anstieg der Sozialkosten.

Die Ministerpräsidentin kritisierte den Atomkompromiss der Bundesregierung mit den Energiekonzernen. Falls Schwarz-Gelb versuche, den Bundesrat zu umgehen, werde Nordrhein-Westfalen vor dem Bundesverfassungsgericht klagen. Da die Unternehmen die Brennelementesteuer absetzen könnten, drohten erhebliche Verluste bei Körperschafts- und der Gewerbesteuer. "Daraus werden schon in wenigen Jahren Milliardenausfälle, die für kein Land und keine Stadt zu verkraften sind."

Außerdem forderte sie eine Frauenquote für die Aufsichtsräte von börsennotierten Unternehmen. Kraft kündigte einen Vorstoß über den Bundesrat an. In ihrem eigenen Zuständigkeitsbereich will die Ministerpräsidentin mit gutem Beispiel vorangehen. Für die Leitungsgremien der Landesgesellschaften in Nordrhein-Westfalen peilt sie einen Frauenanteil von 40 Prozent an. Bis wann dieses Ziel erreicht werden soll, sagte Kraft in ihrer Regierungserklärung allerdings nicht.

© sueddeutsche.de/dpa/beitz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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