Nordkorea und seine Armee:Bitterarm und hochgerüstet

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Zuerst das Militär: Anstatt die Bevölkerung zu versorgen, baut Nordkorea sein Atomprogramm aus und unterhält eine riesige Armee. Südkorea verfügt über weniger Soldaten - doch die Zahlen sagen wenig darüber aus, wie gefährlich das Regime ist.

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In großen Militärparaden feiert sich Nordkorea regelmäßig selbst - zum Beispiel Anfang Oktober beim 65. Gründungstag der kommunistischen Partei, als Machthaber Kim Jong Il den Aufmarsch auch nutzte, um seinen Sohn und Wunschnachfolger Kim Jong Un vorzustellen. Zehntausende Soldaten marschierten damals in der Hauptstadt Pjöngjang auf, Formationen aus Panzern und Geschützen folgten und die Armee zeigte sogar Boden-Boden-Raketen, eine Neuanschaffung.

Die militärische Stärke von Nord- und Südkorea im Vergleich: Für die Zahlen bitte auf das Bild klicken! (Foto: N/A)

Der besondere Stolz Nordkoreas ist aber sein Atomprogramm. Vor wenigen Tagen hatte die Diktatur im Beisein eines amerikanischen Wissenschaftlers enthüllt, dass sie eine Urananreicherungsanlage fertig gestellt hat - im Geheimen und angeblich innerhalb von nur 19 Monaten. Nach eigenen Angaben besitzt das Land inzwischen mehrere atomare Sprengköpfe.

Außerdem unterhält das Kim-Regime eine der größten Armeen Asiens. Dem International Institute for Strategic Studies zufolge könnte Nordkorea 1,1 Million Soldaten einsetzen. In Südkorea sind es nur an die 700.000, zusätzlich sind 25.000 US-Soldaten im Land stationiert.

Ähnlich sind die Verhältnisse bei Kampfpanzern, Artilleriegeschützen und U-Booten: Nordkorea hat von allem mehr, nur bei Kriegsschiffen befehligt Seoul die größere Flotte. Enorm sind auch die Zahlen bei den Reservisten: Nordkorea könnte 4,7 Millionen Männer und Frauen mobilisieren, der Süden immerhin 4,5 Millionen.

Zahlen alleine sind jedoch wenig aussagekräftig, zumal der Norden die Kriegspropaganda auch nach Kräften befördert. Möglicherweise sind sie übertrieben und wahrscheinlich ist ein Teil der nordkoreanischen Ausrüstung alt und schlecht gewartet.

Spekulation über Kampfkraft der Nordkoreaner

Ebenso unklar ist die Kampfkraft der nordkoreanischen Armee. Sind die Soldaten des Nordens überlegen, weil sie "nicht durch die Segnungen der modernen Wohlstandsgesellschaft verwöhnt und verweichlicht" worden sind, wie die Neue Zürcher Zeitung in einer Analyse schreibt? Oder haben Hungersnöte und schlechte Ausstattung auch die Uniformierten Kraft gekostet? Vieles ist Spekulation.

Bekannt ist nur, dass Kim Jong Il die Politik des Songun verfolgt. Songun bedeutet: Militär zuerst. Der Diktator leistet sich eine Millionenarmee und teures Kampfgerät - gleichzeitig leidet die Bevölkerung immer wieder Hunger. Kommunistische Misswirtschaft hat den einst an Bodenschätzen reichen Norden Koreas ruiniert, die industrielle Produktion ist seit 1990 um mehr als zwei Drittel zurückgegangen.

1997 kam es wegen Unwettern, schlechten Ernten und Zwangswirtschaft zu einer Hungersnot, bei der nach Schätzungen zwei Millionen Menschen starben. Die Ernährungslage der 24 Millionen Nordkoreaner soll sich in diesem Winter wieder verschlechtert haben, berichten verschiedene Quellen.

Sie leiden außerdem unter den internationalen Boykotten. Mit den Sanktionen reagierte die internationale Gemeinschaft auf das Atomprogramm Nordkoreas. Wie weit dieses bereits gediehen ist, ist nur teilweise bekannt. Experten halten jedoch Drohungen von Diktator Kim Jong Il gegen die USA für Propaganda-Getöse. Kaum jemand glaubt, dass Pjöngjang über nukleare Langstreckenraketen verfügt, die Alaska oder Hawaii erreichen könnten.

Seoul, die Geisel Nordkoreas

In viel größere Gefahr befindet sich Seoul. Die geografische Lage und wirtschaftliche Bedeutung der Millionenmetropole ist einer der Hauptgründe, dass Südkorea und der Westen auch im aktuellen Fall so zurückhaltend auf die Provokationen des Nordens reagieren. Seoul, in dessen Einzugsbereich 24 Millionen Menschen leben, ist nur 40 Kilometer von der innerkoreanischen Grenze entfernt - und könnte von den Nordkoreanern in Schutt und Asche gebombt werden. Manche Experten nennen Seoul sogar "eine Geisel" der Nordkoreaner. Das Drohpotential des nordkoreanischen Diktators zeigt also seine Wirkung.

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