Neue Pläne der Regierung:Berliner Steuer-Express für Düsseldorf

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In NRW droht Schwarz-Gelb eine Niederlage. Deshalb plant die Regierung einen Strategiewechsel: Noch im April soll eine Steuerreform präsentiert werden.

S. Braun u. C. Hulverscheidt

Die Spitzen von Union und FDP planen angesichts schlechter Umfragewerte und einer drohenden Wahlniederlage in Nordrhein-Westfalen einen Strategiewechsel. In Koalitionskreisen hieß es, wenn man in die Offensive kommen wolle, dürften wichtige Projekte nicht auf die Zeit nach der NRW-Wahl am 9. Mai verschoben werden. Im Gespräch ist deshalb, noch im April ein deutlich abgespecktes Steuerreformkonzept zu präsentieren.

Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung könnte das Volumen der steuerlichen Entlastungen von zunächst geplanten knapp 20 Milliarden auf fünf bis zehn Milliarden Euro reduziert werden. Im Mittelpunkt soll dabei die Bekämpfung der sogenannten kalten Progression stehen. Sie entsteht, wenn die Gehaltserhöhung nicht ausreicht, um die Inflationsrate auszugleichen, die Steuerbelastung aber trotzdem steigt.

Zudem könnte der Einkommensteuertarif im unteren Bereich etwas abgeflacht werden, was ebenfalls vor allem Gering- und Durchschnittsverdienern zugute käme. Die Grundzüge eines solchen Konzepts sollen bereits am kommenden Sonntag bei einem weiteren Sechs-Augen-Gespräch der Parteichefs Angela Merkel (CDU), Horst Seehofer (CSU) und Guido Westerwelle (FDP) besprochen werden. Ob dann auch schon endgültige Beschlüsse fallen und bekannt gegeben werden, blieb am Mittwoch allerdings noch offen.

Mit dem Vorziehen ihrer Pläne will sich die Koalitionsführung aus der misslichen Lage befreien, in die sie sich durch die selbst auferlegte Bremse hineinmanövriert hat, erst nach der NRW-Wahl Steuerbeschlüsse zu fassen. Derzeit liegt die schwarz-gelbe Koalition in Düsseldorf Umfragen zufolge hinter SPD, Grünen und Linkspartei. Sollte sich das am 9. Mai bestätigen, verlören Union und FDP nicht nur die Regierungsmehrheit im bevölkerungsreichsten Bundesland, sondern auch ihr knappes Stimmenübergewicht im Bundesrat.

In den Koalitionskreisen hieß es, Merkel, Seehofer und Westerwelle seien sich einig, dass sie in den kommenden Wochen eigene Themen setzen müssten, um den Negativtrend zu brechen. Neben einer Reihe kleinerer Punkte eigneten sich dafür allein Steuersenkungen, weil Beschlüsse in der Gesundheitspolitik, zum Atomausstieg oder zur Neuordnung der Hartz-IV-Regeln entweder unpopulär oder koalitionsintern noch strittig seien. Allerdings müssten Union und FDP auch in der Steuerpolitik noch Positionen räumen: So besteht bislang vor allem die CDU darauf, vor weiteren Ankündigungen die nächste Steuerschätzung Anfang Mai abzuwarten.

Bankenabgabe wird eingeführt

Die Liberalen wiederum müssten sich mit einem geringeren Entlastungsvolumen zufrieden geben als gewünscht. Im Gegenzug wäre allerdings die Gefahr gebannt, dass die FDP bei ihrem Parteitag im April ein eigenes Steuerreformkonzept vorlegt. Sie hatte dies aus Verärgerung über die zögerliche Haltung der Union angekündigt, befürchtet aber nun, dass ihr Modell den nächsten großen Koalitionsstreit auslösen und in der öffentlichen Debatte zerredet werden könnte. Durch den Verzicht auf ein Entlastungsvolumen von 20 Milliarden Euro würde Parteichef Westerwelle zudem seine Position in der Debatte über die geplante Kopfpauschale im Gesundheitswesen verbessern, für deren Einführung er zusätzliche Steuergelder benötigt.

Parallel zur Ankündigung einer Steuerreform wird die Koalition möglicherweise die Einführung einer Bankenabgabe bekanntgeben, mit deren Hilfe ein Teil der Kosten der Finanzkrise bei den Kreditinstituten wieder eingetrieben werden könnte. CDU und CSU machen sich für eine solche Abgabe stark, die FDP hat sich noch nicht endgültig entschieden.

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