Nachwehen der US-Wahl:Mr. President verdrückt ein Tränchen

Der Wahlkampf ist vorbei, Obama bleibt US-Präsident, doch die Aufregung ist mancherorts noch groß: Unter Tränen hat sich der Präsident bei seinem Wahlkampfteam für die Unterstützung bedankt. Eine Fotografin erzählt die Geschichte des aktuell berühmtesten Bildes der Welt. Mitt Romney sperrt seinen Mitarbeitern noch in der Wahlnacht die Kreditkarten. Und warum ging eigentlich die Siegesseite des Verlierers online?

Überblick.

Mitt Romney war schockiert, als feststand, dass er verloren hatte. Lange wollte er es nicht wahrhaben. Er war davon überzeugt, dass er die Wahl gewinnen würde. Natürlich war auch alles dafür vorbereitet. Eine Rede, die er nie halten durfte, eine Siegesfeier, die nie gefeiert wurde - und eine Internetseite, die online ging.

Nur für Minuten zwar, aber lange genug, dass das Magazin Political Wire sie entdecken - und Screenshots machen konnte. Was war darauf zu sehen? Informationen darüber, wie Romney sich das so vorgestellt hatte, in den ersten Tagen nach dem Wahlsieg. Ein bisschen was zur Vereidigung, zu seinem Kabinett. "Ich bin begeistert von den Zukunftschancen unserer Nation", stand da.

In US-Blogs und Medien wird jetzt spekuliert, wie es dazu kommen konnte, dass die Seite online ging. Ein Versehen? Oder die Kurzschlusshandlung eines verärgerten, enttäuschten Romney-Anhängers? Gespottet wird darüber, dass das Romney-Team ausgerechnet ein Foto von der Vereidigung Obamas benutzte, um zu illustrieren, wie man sich die Vereidigungsfeier des eigenen Kandidaten vorstellte.

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Wenn Männer weinen, ist das manchmal eine Meldung wert. Zumal, wenn sie es auf großer Bühne tun. Ist es der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, der mächtigste Mann der Welt, der vor Rührung und Dankbarkeit eine Träne verdrückt, fällt es manchen schwer, darüber neutral zu berichten. "Obama bricht in Tränen aus", steht dann da, als hätte man ihn schluchzend aus der Halle tragen müssen.

Ein am Donnerstag veröffentlichtes Video zeigt, wie er seinen Anhängern in Chicago einen Tag nach dem großen Triumph dankt: Obama sagt, wie stolz er auf seine Arbeit, seine Unterstützer ist. "Ihr werdet in eurem Leben noch großartige Dinge erreichen." Er wischt sich eine Träne aus dem Gesicht, dann noch eine. Die Anhänger jubeln, er spricht gefasst weiter, minutenlang, dann verlässt er die Bühne. Dass er seinen "Emotionen freien Lauf" gelassen habe, wie nun gemeldet wird, ist dennoch ein bisschen übertrieben. Veröffentlicht hat das Video übrigens Barack Obama selbst, auf YouTube.

Die Geschichte des berühmtesten Fotos der Welt

Seinen Wahlsieg verkündete Barack Obama mit einem Foto, das ähnlich wie seine Tränen viele Menschen berührt hat. Sehr viele. Auf dem Bild umarmt Obama seine Frau Michelle. Dazu der simple Slogan: "Four more Years". Vier weitere Jahre. Etwa 800.000 Mal wurde dieses Bild auf Twitter verschickt, etwa vier Millionen "Gefällt mir"-Klicks hat es auf Facebook bekommen. Es ist damit das am häufigsten getwitterte und auf Facebook favorisierte Foto überhaupt. Aufgenommen hat es die US-Fotografin Scout Tufankjian. US-Magazinen hat sie erzählt, wie es zu dem Foto kam.

Schon 2006 begann Tufankjian, die Kampagne Obamas zu begleiten. Als Obama 2008 gewählt wurde, veröffentlichte sie das Buch: "Yes We Can: Barack Obama's History-Making Presidential Campaign".

US Präsidentschaftswahlen Obama

Das aktuell berühmteste Bild der Welt.

(Foto: dpa)

2012 wurde sie von Obamas Kampagne engagiert, um den Präsidenten im Wahlkampf ins rechte Licht zu rücken. Das Foto, das mittlerweile die halbe Welt kennt, hat Tufankjian schon im August 2012 geschossen, in Dubuque, Iowa, bei einem Wahlkampfauftritt. "Die First Lady und Obama hatten sich seit einigen Tagen nicht gesehen", erzählte Tufankjian dem Magazin Gizmodo. In dem Moment, als die beiden sich auf der Bühne umarmt haben, entschied sich Tufankjian nahe ranzuzoomen. Ihre Begründung: "Ich finde ihre Beziehung total inspirierend. Die Liebe und der Respekt, den die beiden füreinander empfinden, und die Tatsache, dass sie absolut ebenbürtig sind, obwohl einer von beiden Präsident ist, ist bemerkenswert."

Davon, dass das Foto im Sieges-Tweet verwendet wurde, hat Tufankjian erst erfahren, als Freunde ihr per E-Mail Bescheid sagten. Gefreut habe sie sich darüber. Das Foto reflektiere, wie die Menschen die Obamas wahrnähmen. Deshalb sei es als Siegesfoto auch besser als eines, das Obama vor einer Flagge zeige, ein präsidialeres Foto.

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Zurück zu Romney und den Republikanern. Dass jetzt eine Menge Häme über sie hereinbricht: klar. Aber sie tun auch einiges dafür. So wurden noch in der Nacht der Niederlage alle Kreditkarten der Kampagne, die Karten, die die engsten Mitarbeiter benutzen, gesperrt. Obwohl noch Rechnungen zu bezahlen sind. Das Magazin Forbes schreibt, dass wohl einige Taxifahrer in Boston, wo die Siegesfeier geplant war, kein Trinkgeld bekommen hätten, als sie die Romney-Leute in die Hotels gefahren haben. Denn da hätten die bemerkt: Die Kreditkarte funktioniert nicht mehr.

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