Nach Sieg des Front National:Frankreich stoppt Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer

Hollande unter Druck: Nach dem Sieg des Front National bei der Europawahl legt die Regierung der Sozialisten das geplante kommunale Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger auf Eis. Die rechtsextremen Wahlsieger halten das für einen "schönen Effekt".

Nach dem Sieg des rechtsextremen Front National (FN) bei der Europawahl rückt Frankreichs Regierung vom geplanten Wahlrecht für Nicht-EU-Bürger auf Kommunalebene ab. Präsident François Hollande hatte eine entsprechende Gesetzesänderung in seinem Präsidentschaftswahlkampf vor zwei Jahren in Aussicht gestellt. Davon profitiert hätten vor allem die in Frankreich lebenden Marokkaner und Algerier.

Das Vorhaben habe nun aber keine Aussicht auf Erfolg mehr, sagte Innenminister Bernard Cazeneuve dem Fernsehsender LPC. Es fehle an Rückhalt in der Politik. Der FN, der vor allem Einwanderungsgegner zu seinen Anhängern zählt, begrüßte die Kehrtwende: Dies sei ein "schöner Effekt" des Votums, sagte Vize-FN-Chef Florian Philippot.

Bei der Europawahl am Sonntag wurde die Partei von Marine Le Pen mit 25 Prozent der Stimmen die stärkste Kraft. Hollandes Sozialisten erhielten 14 Prozent und damit so wenig wie noch nie bei einer Europawahl. Auch die konservative UMP schnitt mit 21 Prozent überraschend schwach ab.

Wirtschaft stagniert

Frankreich steht zudem unter massivem Druck, seinen Staatshaushalt nach EU-Vorgaben in Ordnung zu bringen und zugleich die Konjunktur anzukurbeln. Noch im ersten Quartal stagnierte die französische Wirtschaft, nicht zuletzt weil die Verbraucher ihr Geld zusammenhielten. Vor allem aber bekommt Frankreich die hohe Arbeitslosigkeit mit einer Quote von mehr als zehn Prozent nicht in den Griff. Aktuellen Erhebungen zufolge stieg die Zahl der Erwerbslosen im April um 14.800 auf ein Rekordhoch von 3,364 Millionen - ein Anstieg von 3,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Unmittelbar nach der Niederlage seiner Sozialisten hatte Hollande angekündigt, die Reformen in seinem Land voranzutreiben. Zudem drang er darauf, dass sich die EU auf Wachstum, Arbeitsplätze und Investitionen konzentrieren soll. Nach Einschätzung von Politikern aus Hollandes Lager könnte ihn die durch den FN zugefügte Wahlniederlage zwar bei den innenpolitischen Reformen ausbremsen, mit der Wachstumsinitiative auf EU-Ebene aber sogar voranbringen. "Frankreichs gegenwärtige Schwäche ist auch seine Stärke", sagte der sozialistische Abgeordnete Christophe Caresche.

Gerade in der Diskussion mit EU-Partner Deutschland um Sparzwänge und Konjunkturmaßnahmen könne die aktuelle Position der Schwäche helfen. "Entweder die Deutschen lehnen sich zurück und sehen zu, wie Frankreich immer tiefer in die Krise schlittert", sagte Caresche. "Oder sie erkennen, was sich abspielt und was sie zu tun haben, nämlich flexibler zu sein und auf europäischer Ebene eine aktivere Investitionspolitik zu betreiben."

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