Memoiren von Karl Rove:Das Leben des "Gehirns" von George W. Bush

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Der Chefstratege von George W. Bush, Karl Rove, hat seine Memoiren veröffentlicht. Seine Ausführungen über den Irakkrieg sorgen für Wirbel.

Sebastian Wolfrum

Der Krieg gegen Afghanistan, der Irakkrieg, die Öffnung von Guantanamo. George W. Bush hat in seiner Zeit als US-Präsident viele umstrittene Entscheidungen getroffen. Und die meisten davon wohl nicht allein. Der ehemalige US-Präsident galt als besonders abhängig von seinen engen Mitarbeitern und Beratern. Karl Rove war einer der einflussreichsten - das lässt sich an seinem Spitznamen ablesen: "Bushs Gehirn" wurde er genannt. Jetzt hat Rove seine Memoiren veröffentlicht. Brisanz hat dabei besonders sein Eingeständnis, dass die Entscheidung in den Irak einzumarschieren unter falschen Vorraussetzungen getroffen wurde.

Genug Insiderwissen, um aus "Courage and Consequence" (Mut und Konsequenz) ein spannendes Buch zu machen, sollte Rove haben. Viele Jahre hat er für Bush gearbeitet, war einer der einflussreichsten Berater des ehemaligen US-Präsidenten. Er gilt als der Architekt der siegreichen Präsidentschaftswahlkampagnen Bushs im Jahr 2000 und 2004, der Präsident konsultierte ihn in allen wichtigen Bereichen. Und einen Aufreger findet man in dem 600 Seiten starken Werk ohne Frage. Denn Rove spricht über die Entscheidung in den Irak einzumarschieren. Und er gesteht Fehler ein.

"Hätten es den Irakkrieg gegeben, wenn man gewusst hätte, dass es dort keine Massenvernichtungswaffen gibt? Nein, dass bezweifle ich. Es wäre sehr unwahrscheinlich gewesen, dass der Kongress dann die Resolution für den Einsatz von Waffen unterstützt hätte. Und die Bush-Administration selbst hätte wohl zu anderen Maßnahmen gegriffen, um Saddam aus dem Amt zu drängen", schreibt Rove.

Damit wirft Rove eine zentrale Frage auf. Nämlich die, ob Bush wusste, dass Saddam Hussein nicht über Massenvernichtungswaffen verfügt. Der Vorwurf, der Kriegsgrund sei vorgeschoben und die Invasion habe ihre wahren Hintergründe in wirtschaftlichen und geostrategischen Überlegungen, steht bis heute im Raum.

"Hat Bush uns mit Lügen in diesen Krieg geführt?"

"Hat Bush uns mit Lügen in diesen Krieg geführt?" fragt Rove. Die Antwort des konservativen Politikberaters überrascht nicht. "Absolut nicht." Rove bleibt dabei: Der Präsident sagte die Wahrheit. Er und sein Stab schenkten den Geheimdienstberichten über vorhandene Massenvernichtungswaffen im Irak aufrichtig ihren Glauben.

Und obwohl sich keine Arsenale biologischer oder chemischer Waffen, keine smoking gun, in den Händen Husseins fanden, plädiert Rove auch nachträglich für den Einsatz der Armee. Allein die Möglichkeit, so Roves Argumentation, Demokratie als Bollwerk gegen den islamistischen Extremismus in den Nahen Osten zu bringen, rechtfertige die Entscheidung, den Diktator zu stürzen.

Die New York Times beschreibt Roves Buch als eine "dreiste Verteidigung" ("unapologetic defense") seiner eigenen Strategien und der Präsidentschaft von George W. Bush. Das Buch schieße außerdem gegen politische Gegner und kritische Medien, die er als eitel, scheinheilig und hinterlistig darstelle.

So schreibt der ehemalige stellvertretende Stabschef des Weißen Hauses Sätze wie: "Ich bewundere Anführer, die in großen Zusammenhängen denken und nach ihren Überzeugungen handeln. George W. Bush war so ein Anführer. Seine Präsidentschaft war nicht ohne Fehler - aber das ist keine Präsidentschaft. In der Gesamtheit, ist das was er in acht Jahren erreicht hat, eindrucksvoll, dauerhaft und von Bedeutung."

In einem Interview mit der BBC legte Rove jetzt noch nach. Er verteidigte die Anwendung von Foltermethoden wie Waterboarding, simuliertes Ertränken, bei Verhören von mutmaßlichen Terroristen. "Ich bin stolz, dass wir durch den Einsatz dieser Technik die Welt sicherer gemacht haben." Seiner Auffassung nach sei Waterboarding ein angemessenes Mittel, das zudem im Einklang mit dem US-amerikanischen Recht stehe.

Andere amerikanische Kommentatoren gehen mit ihrer Kritik noch weiter als die New York Times. Die Huffington Post, eine Online-Zeitung, meint, die Biographie sei mit ihrer Darstellung von Geschichte weit von der Wahrheit entfernt. Und sie veröffentlicht eine, nicht ganz erst gemeinte, Liste mit alternativen Titeln für Roves "Courage and Consequence". Darunter finden sich zu Beispiel: "Gemein & Gemeiner", "Dumm & Dümmer" oder "Krieg & Krieg".

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