Linke-Chef Riexinger geht auf Tour:Wahlkampf, stinknormal

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Linke-Chef Bernd Riexinger vor einem Wahlplakat. (Foto: Thorsten Denkler)

Ein Plakat vorstellen, eine Rede vor zwei Kameras halten, 20 Schritte gehen. So öde kann Wahlkampf sein. Über eine knappe halbe Stunde im Leben von Linke-Chef Bernd Riexinger.

Von Thorsten Denkler, Berlin

Bernd Riexinger scheint gar nicht aufhören zu wollen. Er redet und redet, ein gute Viertelstunde alles in allem. Erst ein Statement vor neutralem Hintergrund zum Thema Ägypten: "Das Militär hat kein Recht auf Putsch. Es darf sich nicht einmischen in die Angelegenheit des Volkes", sagt er da.

Dann geht es um seine an diesem Donnerstag beginnende Sommertour durch Hessen, Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg. Hmm, es sind noch über 80 Tage bis zur Wahl. Also: Was bringt das hier? "Ist praktisch ein Frühstart", sagt Riexinger. Aber die Linke wolle sich eben schon früh sehen lassen. Es seien "30 öffentliche Veranstaltungen" geplant, sagt er. Und versprüht dabei so viel Vorfreude wie ein Patient kurz vor der Blinddarm-Operation. Im Hintergrund kreischt eine Kreissäge.

Der Vorsitzende der Partei die Linke hält seine Rede vor genau zwei Kameras auf dem Rosa-Luxemburg-Platz vor dem Ost-Theater Volksbühne. Die Parteizentrale ist keine 100 Meter entfernt. Vielleicht ein Dutzend Menschen warten auf ihn, als er mit seinem Tross aus Pressesprechern herüber schlendert. Die meisten, die warten sind Mitarbeiter oder Presseleute.

Erst kommen also die Fragen zu Ägypten. Dann stellt sich Riexinger vor eine Plakatwand, die auf einen Transporter montiert ist. Riexinger streift jetzt alle relevanten Wahlkampfthemen: Krieg und Frieden, Koalitionen, Mindestlöhne, höhere Renten, Jugendarbeitslosigkeit. Er hat genug Stoff mitgebracht, um eine Sondersendung über die Linke zu füllen. Manche im Kreis fangen an, auf ihre Uhren zu schauen.

Es ist einer dieser typischen Termine im Bundestagswahlkampf: "Pressestatement Linke-Bundesvorsitzender Bernd Riexinger zum Start seiner Sommertour 2013 + Enthüllung Großflächenplakat für den Wahlkampf", so weisen die Agenturen den Termin aus.

Ein paar Schritte vor, ein paar zurück

Nun ja, enthüllt wird da nichts, der Transporter mit dem Plakat steht da ja schon. Komplett hüllenfrei.

Mit solchen Terminen werden derzeit die Kalender aller Spitzenpolitiker gefüllt. Wie der Linken-Chef müssen sie immer wieder Plakate "enthüllen", Statements abgeben, hin und her gehen. Es sind verzweifelte Versuche, medial irgendwie wahrgenommen zu werden.

Die Plakate bekommt kaum ein Bundesbürger zu Gesicht. Auf Riexingers Plakat steht: "Für die Jugend Europas: Ausbildung, Arbeit und gute Löhne!" Darunter "Die Linke" und das Wahlkampfmotto in Stempeloptik: "100 % sozial". Auflage dieses Motives: fünf Stück. Es ist gemacht vor allem für die Fernsehkameras.

Wenn Riexinger Glück hat, landet er mit einem seiner vielen, vielen Sätze in der Tagesschau oder den heute-Nachrichten. Mit ganz viel Glück wird auch gezeigt, wie er vom Plakatwagen die 20 Schritte zu dem silbernen VW-Bus geht, mit dem er jetzt auf Tour gehen will.

Er geht erst zu früh los, die Kameraleute haben sich noch gar nicht positioniert. "Nützt ja nix, wenn keine Kamera da ist", sagt einer. Bilder bestimmen den Wahlkampf. Also geht Riexinger vier, fünf Schritte zurück, wartet auf das Zeichen, geht wieder los, winkt nach links, als würden da Menschenmassen seine Abfahrt beobachten, steigt auf der Beifahrerseite in den Bus. Und los geht es. Erst mal zu seiner Berliner Wohnung. Ein paar Sachen holen. Dann weiter. Auf Sommertour im VW-Bulli.

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