Kritik an Steinbrücks Nebeneinkünften:Auf seinen Stil kommt es an

Wenn Steinbrück die Kritik an seinen Einkünften "dämlich" und "absurd" nennt, begeht er einen Fehler. Es ist nicht der einzige. Zusammen ergeben sie das Bild eines Mannes, der sich politisch unsensibel verhält. Denn entscheidend ist weniger, was der neue Kanzlerkandidat getan hat, sondern ob er anständig mit denen umgeht, die danach fragen.

Nico Fried, Berlin

In der Verteidigung seiner Einkünfte als privatisierender Parlamentarier begeht Peer Steinbrück bislang zwei Fehler. Erstens wehrt er sich gegen Vorwürfe, die niemand erhebt. Denn der Hinweis des SPD-Kanzlerkandidaten, er habe sich streng an das Abgeordnetengesetz gehalten, ist völlig unbestritten. Zweitens aber erweckt Steinbrück den Eindruck, als sei manch andere Frage, die sich wegen seiner Honorare stellt, zwar legitim, aber vor allem lästig. Beide Fehler zusammen ergeben das Bild eines Mannes, der sich formal korrekt, aber politisch unsensibel verhält.

SPD-Parteivorstandssitzung Pressekonferenz Steinbrück

Der frisch gekürte Kanzlerkandidat der SPD, Peer Steinbrück, steht wegen seiner Nebeneinkünfte in der Kritik.

(Foto: dpa)

Peer Steinbrücks Ärger mit den Nebeneinkünften hat seinen Auslöser in der Nominierung als Kanzlerkandidat, seine Ursache aber im Ende der großen Koalition 2009 und damit der Regierungsbeteiligung der SPD. Damals dachten wohl alle, einschließlich Steinbrück, dass auch seine Karriere in der ganz großen Politik vorbei sei. Aus dem Minister wurde eine Art Elder Statesman, der sich seine in verschiedenen Ämtern erworbenen Kompetenzen nutzbar machte.

Wie viele andere hat er sich damit auf einen Markt begeben, auf dem man nicht so schnell gegen Gesetze verstößt, womöglich aber gegen - sehr individuelle - Grenzen des guten Geschmacks, wie in der Vergangenheit die Debatten um den Pipeline-Aufsichtsrat Gerhard Schröder oder den Bild-Kolumnisten Oskar Lafontaine gezeigt haben.

Mit der Kanzlerkandidatur wandelt sich die Beurteilung seiner Honorare

Politisch waren die Geschäftsbeziehungen des früheren Ministers nicht mehr relevant. Genau das jedoch ändert sich nun, da Steinbrück - was so eigentlich noch nie vorgekommen ist - sich wieder in die entgegengesetzte Richtung bewegt, zurück in die ganz große Politik.

Mit Peer Steinbrücks Kanzlerkandidatur wandeln sich deshalb, ob ihm das gefällt oder nicht, die Voraussetzungen für die Beurteilung seiner Honorare - nicht die rechtlichen, aber die politischen. Man könnte auch sagen: Was bisher nach dem Spiel war, ist nun wieder vor dem Spiel.

Da ist exemplarisch die Frage, ob man in einer Wirtschaftskanzlei, die einst Auftragnehmer des Finanzministers Steinbrück war, nach dem Ende der Amtszeit einen bezahlten Vortrag halten muss. Der Ex-Minister und Nur-noch-Abgeordnete Steinbrück hat das für sich seinerzeit - erstaunlicherweise - als unproblematisch beurteilt. Der Kanzlerkandidat Steinbrück könnte den Vorgang neu bewerten. Oder auch nicht. In jedem Fall geht es jetzt nicht mehr um die Geschmackssicherheit des Quasi-Privatmannes Steinbrück, sondern um den politischen Stil des Kandidaten.

Entscheidend wird weniger sein, ob es anständig war, was er getan hat. Diese Frage ist schwer objektivierbar. Entscheidend wird sein, ob er anständig mit denen umgeht, die danach fragen.

Wenn Peer Steinbrück manche Vorhaltungen als "dämlich" oder "absurd" bezeichnet, verballert er Pulver, das er womöglich noch braucht. Denn so löblich sein Vorhaben ist, möglichst viel Transparenz zu schaffen, so wenig werden die Zahlen allein Steinbrücks Reputation beeinflussen. Worauf es ankommen wird, ist seine Interpretation. Sein Stil.

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