Konferenz in London:Wie der somalische Knoten zerschlagen werden kann

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Islamistischer Terror, Piraterie, Hunger, Flüchtlinge und ein Bürgerkrieg - der Schrecken Somalias hat viele Facetten. Bei einer Konferenz in London versucht die Weltgemeinschaft, eine Lösung für den Krisenherd zu finden. Dabei wird sie sich den mächtigen islamistischen Kräften im Land stellen müssen.

Arne Perras

Es kommt selten vor, dass sich die Weltgemeinschaft versammelt, um Somalias Zukunft zu diskutieren. Sie tut es nun in London, auf Einladung des britischen Premiers David Cameron, und dies ist ein guter Schritt - wenn hinter der Initiative mehr steckt als der Versuch, die somalischen Probleme für kurze Zeit ins Rampenlicht zu rücken.

Auf der Suche nach einer Lösung für Somalia: Bei der Londoner Somalia-Konferenz beraten der äthiopische Premierminister Meles Zenawi (von links), US-Außenministerin Hillary Clinton, UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, und der britische Premierminister David Cameron über die Zukunft des gebeutelten Landes. (Foto: AFP)

Die Welt hat allen Grund, sich ernsthaft und langfristig mit dem Horn von Afrika zu beschäftigen. Denn der Krisenherd Somalia produziert seit zwanzig Jahren Probleme, die weit über die Grenzen der Region hinauswirken und keineswegs als isolierte afrikanische Konflikte zu betrachten sind.

Islamistischer Terror, Piraterie, Waffenschmuggel, Hunger, Flüchtlingsströme und ein Bürgerkrieg, der kein Ende findet - der Schrecken Somalias hat inzwischen so viele Facetten, dass die Staaten der Weltgemeinschaft gar nicht mehr wissen, wo sie ansetzen sollen. Hilflosigkeit an allen Fronten kennzeichnet die globale Somalia-Politik.

Aber dies ist kein Grund, sich frustriert abzuwenden. Vielmehr müsste es ein umso größerer Ansporn sein, es in Zukunft besser zu machen. Denn die Probleme am Horn von Afrika lassen sich nicht aussitzen, sie werden von Jahr zu Jahr größer. Die Kosten, dies alles in den Griff zu bekommen, werden noch steigen, wenn Somalia keinen Frieden findet.

Die Vorstellung, Afrika könnte es selber richten, gefiel dem Westen lange, denn dafür brauchte man nur Dollars und keine Strategie. Die Afrikanische Union schickte Truppen, um der schwachen Übergangsregierung von Somalia den Weg frei zu kämpfen und um die radikalen Islamisten zu besiegen.

Ausgleich mit Islamisten? Unumgänglich!

Doch die Statthalter in Mogadischu, die dem Land mehr oder weniger von außen aufgepfropft wurden, kämpfen mit Problemen in den eigenen Reihen: Korruption, Misswirtschaft und eine schmale Machtbasis in Somalia schwächen ihre Position.

Dazu kamen unkoordinierte Eingriffe durch die Nachbarstaaten - allen voran Äthiopien, Eritrea und Kenia. Sie haben den somalischen Knoten noch fester gezogen. Addis Abeba, Asmara und Nairobi verfolgen in Somalia eigene Interessen, die dem Frieden nicht zwingend dienen, auch wenn diese Länder das Gegenteil beteuern.

Wie aber ist Somalia zu stabilisieren? Irgendwann wird es dem Westen am Horn von Afrika ergehen wie in Afghanistan. Dort ist ein Staat ohne Verhandlungen mit den Taliban künftig nicht zu machen, und genauso wenig wird Somalia aus dem Krieg herausfinden, wenn es zu keinem Ausgleich mit den mächtigen islamistischen Zirkeln im Lande kommt.

Noch lehnt US-Außenministerin Hillary Clinton Gespräche mit der Gruppe al-Shabaab ab, aber irgendwann wird es unumgänglich sein, mit gemäßigteren Kräften der Milizen einen Deal auszuhandeln. Denn es sieht nicht so aus, als könne es noch eine Lösung auf dem Schlachtfeld geben.

Somalia-Konferenz - vielleicht ein erster Schritt

Der UN-Sicherheitsrat hat gerade grünes Licht gegeben, um die überforderten Truppen der Afrikanischen Union in Somalia aufzustocken. Das war überfällig. Aber das sollte nicht den Irrglauben befördern, dass ausländische Truppen alleine das Land tatsächlich befrieden können. Die AU- Soldaten erzwingen im besten Fall eine Ruhephase, die den Weg ebnet für Verhandlungen.

Zum Frieden aber können die Somalier nur selbst finden, und sie müssen Raum und Gelegenheit bekommen, eigene Lösungen auszuhandeln. Wie dies gehen soll, wenn äthiopische und kenianische Truppen ständig für die politischen Ziele ihrer Heimatländer kämpfen, ist nicht erkennbar.

Weil so viele Staaten mitmischen in Somalia, und weil die Vereinten Nationen keine führende Rolle spielen, zersplittert das Land immer weiter. Das alles wird die Konferenz in London nicht richten. Aber vielleicht ist sie ein erster Schritt, um die internationale Somalia-Politik wieder besser zu koordinieren. Schlimmer kann es nicht mehr werden.

© SZ vom 24.02.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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