Israels Außenminister entwirft Landkarte Palästinas:Präventivmaßnahme oder Witz?

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Weltweit wirbt Palästina um seine Anerkennung. Israels Außenminister Lieberman soll nun kurzerhand eine eigene Landkarte des Palästinenserstaates entworfen haben. Diese sieht nur knapp die Hälfte des Westjordanlandes vor, israelische Siedlungen würden nicht angetastet.

Israels Außenminister Avigdor Lieberman hat nach einem Zeitungsbericht die Landkarte eines provisorischen Palästinenserstaats entworfen. Die israelische Zeitung Haaretz berichtete an diesem Sonntag unter Berufung auf einen Mitarbeiter des ultrarechten Ministers, die Karte bedeute im Wesentlichen "ein Einfrieren der bestehenden Situation in den Palästinensergebieten, mit kleineren Veränderungen".

Der israelische Außenminister Avigdor Lieberman soll Vorschläge für einen provisorischen Palästinenserstaat gemacht haben. Palästinenser bewerten diesen Entwurf als "PR-Gag". (Foto: AFP)

Die Palästinenser wiesen die Initiative als "PR-Gag" zurück. Der palästinensische Chefunterhändler Saeb Erekat beschrieb die Idee im Gespräch mit einem israelischen Armeesender wörtlich als "Witz".

Lieberman habe Ministerpräsident Benjamin Netanjahu bereits eine entsprechende Karte vorgelegt, berichtete Haaretz. Das Büro des Regierungschefs wollte den Bericht indes nicht bestätigen. Sein Sprecher Mark Regev erklärte, Netanjahu halte an den Plänen für einen endgültigen Friedensvertrag fest. In einem Interview hatte Netanjahu kürzlich jedoch gesagt, sollten die Verhandlungen mit den Palästinensern weiter stocken, werde er eine kurzfristige Übereinkunft anstreben.

Nach den Ausführungen der Zeitung solle der provisorische Staat lediglich die sogenannten A-Gebiete unter palästinensischer Sicherheitskontrolle sowie die sogenannten B-Gebiete unter palästinensischer Zivilkontrolle umfassen. Letztlich bedeute dies die Kontrolle über knapp die Hälfte des Westjordanlands. Die Landkarte enthalte auch ein Netz neuer Straßen, die die Gebiete unter palästinensischer Kontrolle miteinander verbinden sollen. Eine Räumung israelischer Siedlungen sei jedoch nicht vorgesehen. Ziel der Initiative sei es, Israels Interesse an einer friedlichen Lösung zu beweisen und die Palästinenser dazu zu zwingen, "zu sagen, ob sie wirklich einen Staat haben wollen".

Ein Sprecher des israelischen Außenministeriums sagte am Sonntag zu dem Bericht, es gebe zwar eine Vielfalt an Ideen zur Lösung verschiedener Probleme, Lieberman habe jedoch keine spezifische Landkarte abgesegnet. Die Zeitung zitierte einen namentlich nicht genannten Mitarbeiter Liebermans mit der Erklärung, der Minister sehe das Vorhaben als "Präventivschlag", bevor weitere Länder einen Palästinenserstaat im gesamten Westjordanland - das heißt in den Grenzen vor dem Sechstagekrieg 1967 - anerkennen. Zudem könne sie internationalen Druck auf Israel verringern und es ermöglichen, den Palästinensern zumindest einen Teil ihres künftigen Staates bereits zu übergeben.

In den vergangen zwei Monaten hatten mehrere Länder Lateinamerikas, darunter Brasilien und Argentinien, einen palästinensischen Staat anerkannt und damit für Aufregung in Israel gesorgt.

Die Palästinenser lehnen die Gründung eines Staates in provisorischen Grenzen bislang ab. Sie fordern das Westjordanland, den Gazastreifen sowie Ost-Jerusalem als Gebiet eines künftigen eigenen Staates.

Außenminister Lieberman gilt als Skeptiker eines endgültigen Friedensvertrags. Der Vorsitzende der ultranationalistischen Partei Jisrael Beiteinu hat sich stets für ein vorläufiges Abkommen zwischen den Konfliktparteien ausgesprochen. Die Verhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern waren abgebrochen worden, nachdem im September vergangenen Jahres ein Baustopp für jüdische Siedlungen im Westjordanland ausgelaufen war. Seitdem haben die Palästinenser weltweit für die Anerkennung eines unabhängigen Staates Palästina geworben.

Im "Road Map"-Friedensplan hatten die Palästinenser dem Konzept eines provisorischen Staats 2003 bereits einmal zugestimmt. Mittlerweile lehnen sie ein solches Modell jedoch ab, da sie fürchten, dass die vorläufigen Grenzen später nicht mehr verändert werden können. "Die Option von provisorischen Grenzen oder eines vorläufigen Abkommens liegt nicht länger auf dem Tisch", sagte der palästinensische Unterhändler Saeb Erakat. "Ich fordere Lieberman auf, nicht gegen die Schaffung eines palästinensischen Staats zu kämpfen - denn er wird kommen."

© dpa/Reuters/AP/dgr - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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