Israel:Vorbereitung auf den Vergeltungsschlag

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Ob sich zehn Tage nach dem mutmaßlichen Giftgasangriff in Duma noch Beweise dafür finden, ist fraglich. (Foto: Hassan Ammar/AP)

Bei einem Angriff in Syrien vor mehr als einer Woche starben auch Iraner. Teheran kündigt nun mehr oder weniger unverholen eine Gegenattacke an. Möglicherweise an einem bedeutsamen Datum.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Wieder feuerte die syrische Armee Luftabwehrraketen in den Nachthimmel, eine neue Eskalation stand im Raum. Es seien Raketen auf einen Luftwaffenstützpunkt bei Homs abgefeuert worden und auf einen weiteren bei Damaskus, meldete das Staatsfernsehen in der Nacht zum Dienstag. Doch es gab keinen Angriff. Ein "Fehlalarm", gestand die syrische Armee mittags ein, aber auch für den sollen die USA und Israel verantwortlich gewesen sein. Sie hätten gemeinsam die Radarsysteme der Luftabwehr elektronisch attackiert. Russische Experten hätten das Problem analysiert und behoben, hieß es später aus syrischen Militärkreisen.

Mindestens zeigt der Vorfall, wie hoch die Nervosität weiterhin ist. In Israel, wo sich das Militär wie üblich jeden Kommentars zu dem Vorfall enthielt, wird mit einem Angriff der iranischen Revolutionsgarden aus Syrien heraus gerechnet. Auf fünf Flugfeldern hätten sie Soldaten stationiert, Attacken mit Drohnen und Raketen seien zu erwarten, berichteten israelische Medien und veröffentlichten Luftbilder der Stützpunkte. An diesem Donnerstag feiert Israel den 70. Jahrestag der Staatsgründung mit einem Staatsakt am Sitz des Präsidenten und vielen Veranstaltungen im ganzen Land. Es wäre ein höchst symbolische Datum für einen Angriff. General Qassem Soleimani, der legendäre Kommandeur der für Auslandsoperationen zuständigen Quds-Brigaden der Revolutionsgarden, plane eine Attacke als Vergeltung für einen israelischen Angriff vor einer Woche auf den zwischen Homs und Palmyra gelegenen Luftwaffenstützpunkt T-4, hieß es. Unter den 14 Toten damals waren sieben Iraner - auch Oberst Mehdi Dehghan soll getötet worden sein, der Chef der Drohnen-Einheit der Revolutionsgarden.

Der Sprecher des iranischen Außenministeriums hatte am Montag in Teheran gesagt, Israel werde "früher und später die Antwort auf diese Angriffe erhalten". Allerdings werden die Revolutionsgarden kaum Irans Diplomaten in ihre Angriffspläne einweihen.

Tagelang blockierten Russland und Syrien den Zugang nach Duma

Ungeachtet der neuen diplomatischen Initiative Frankreichs und Deutschlands sind auch die internationalen Spannungen weiter groß. Kanzlerin Angela Merkel telefonierte mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, der ihr laut Kreml versicherte, er halte es für sehr wichtig, dass eine unabhängige Untersuchung des mutmaßlichen Chemiewaffen-Angriffs vom 7. April in der syrischen Stadt Duma durch Experten der Organisation zum Verbot chemischer Waffen (OPCW) stattfinde. Allerdings blockierten Russland und Syrien tagelang den Zugang nach Duma, nachdem neun Inspektoren am Samstag in Damaskus eingetroffen waren. Die Vereinten Nationen wiesen Moskaus Darstellung zurück, ihre Sicherheitsabteilung habe die Fahrt nach Duma nicht genehmigt; die Inspektoren seien jederzeit bereit.

Die Regierung in Damaskus hatte mitgeteilt, die Straße müsse noch von Minen geräumt werden. Das hielt das Regime aber nicht davon ab, am Montag ihm genehme Journalisten nach Duma zu karren, die dort nach eigenen Angaben auch betroffene Häuser betreten durften. Laut syrischen Staatsmedien trafen die Inspektoren am Dienstag schließlich doch noch ein; eine offizielle Bestätigung der OPCW dafür gab es zunächst nicht.

Ohnehin ist fraglich, was sie zehn Tage nach dem mutmaßlichen Angriff noch finden. Die Regierung in Paris rechnet damit, dass alle Beweise für einen Chemiewaffen-Einsatz beseitigt worden sind. Das russische Fernsehen hatte vergangene Woche Bilder von Militärpolizisten in den fraglichen Gebäuden gezeigt. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass Beweise und wesentliche Elemente verschwinden werden", vermutete das Außenministerium in Paris. Der Ort sei "vollkommen unter Kontrolle der russischen und syrischen Armee".

Trump ist hin- und hergerissen: Soll er in Syrien weiter angreifen oder Truppen abziehen?

Auch der US-Botschafter bei der OPCW, Kenneth Ward, hatte in einer Sitzung des Exekutivrates am Montag in Den Haag die Sorge geäußert, russische Soldaten hätten Beweismittel beseitigt, um die Mission der Inspektoren zu behindern. Russlands Außenminister Sergej Lawrow bestritt das und wiederholte, Moskau habe Beweise, dass der britische Geheimdienst den Vorfall inszeniert habe - die Belege dafür ist er allerdings bislang schuldig geblieben. Obwohl auch die US-Regierung Russland vorwirft, die Untersuchung zu behindern, hat Präsident Donald Trump neue Sanktionen gegen Moskau mindestens verzögert. Seine UN-Botschafterin Nikki Haley hatte am Sonntag im Sicherheitsrat angekündigt, Washington werde gegen russische Firmen vorgehen, die Syriens geheimes Chemiewaffen-Programm unterstützten. Neue Strafen würden in Erwägung gezogen, sagte Trumps Sprecherin, der Präsident habe sie aber noch nicht genehmigt.

Trump ist hin- und hergerissen zwischen einer deutlichen Antwort auf die Chemie-Attacke, die er Assad persönlich anlastet, und seinem Bestreben, die verbliebenen offiziell 2000 US-Soldaten aus Syrien abzuziehen. Laut Wall Street Journal versucht Sicherheitsberater John Bolton, arabische Staaten dafür zu gewinnen, Truppen in Syriens Norden zu entsenden, etwa Ägypten. Der saudische Außenminister Adel al-Jubeir sagte, sein Land erwäge weiterhin die Entsendung von Truppen nach Syrien.

© SZ vom 18.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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