Stanley McChrystal wird zum Opfer seines Größenwahns. Offenbar von einer Art Lagerkoller befallen, vertraute der Afghanistan-Kommandeur Werturteile und politische Einschätzungen einem Journalisten an - entweder persönlich oder indirekt über Mitarbeiter.
Die Urteile zeugen von naiver Kameraderie und bemerkenswerter Selbstherrlichkeit. Der Mann fühlt sich unverwundbar - sogar noch in seiner rasch formulierten Entschuldigung. Er habe ein schlechtes Urteilsvermögen an den Tag gelegt, gibt McChrystal zerknirscht zu. Einen Oberkommandierenden mit schlechtem Urteilsvermögen - den aber kann die Welt in Afghanistan nicht gebrauchen.
Viele schlechte Nachrichten in kurzer Zeit
Der General hat über sein Schicksal selbst entschieden: Bliebe er auf dem Posten, dann müsste sich der amerikanische Präsident die Frage gefallen lassen, wie sehr man ihn und seine engsten Mitarbeiter eigentlich beleidigen darf. Auch die unter McChrystals Kommando stehende internationale Truppe kann keinen Befehlshaber wollen, der politisch angezählt und isoliert ist. Es bleibt also nur eine Lösung: McChrystal muss gehen.
Für Afghanistan und die dort engagierte internationale Gemeinschaft ist das eine von vielen schlechten Nachrichten in kurzer Zeit. Nichts hätte die Truppe nötiger als Stabilität und Verlässlichkeit in der Führung und in der Strategie. McChrystal kann das nicht mehr bieten.
Auch ohne seine Entgleisung wäre der General bald unter Druck geraten, weil sich die Lage im Land einfach nicht zum Besseren wenden will. McChrystal hatte immer recht mit seiner Mahnung, dass die Ungeduld des Westens schädlich sei und Afghanistan mehr Zeit gegeben werden müsse. Diese Zeit hat er sich nun selbst geraubt.