Iran: Proteste zum Revolutionstag:Schüsse, Hiebe und Parolen

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Zum Revolutionsjubiläum prahlt Präsident Ahmadinedschad mit Erfolgen des Atomprogramms - doch seine Gegner sind nicht weit. In Hörweite skandieren sie: "Tod dem Diktator". Das Regime greift hart durch.

Showdown zum Revolutionstag: Am Rande der offiziellen Feierlichkeiten zum 31. Jubiläum des Schah-Sturzes und der Islamischen Revolution ist es in Teheran zu Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Oppositionellen gekommen.

Kritik am Westen, Jubel über das Atomprogramm: Präsident Mahmud Ahmadinedschad. (Foto: Foto: AFP)

Mehrere hundert Anhänger der iranischen Oppositionsbewegung nutzten die Massenkundgebung für Proteste gegen die Regierung. Die staatlichen Einsatzkräfte schritten aber sofort gegen die Demonstranten mit der grünen Symbolfarbe der Opposition ein.

Dabei wurden nach Berichten von Augenzeugen Farbpatronen, Schlagstöcke und Tränengas eingesetzt, auch von Schüssen war die Rede.

Bilder von Regimekritikern im Internet

Bei den Protesten erschallten Rufe wie "Tod dem Diktator" und "Habt keine Angst, wir stehen zusammen". Im Westen Teherans, im Zentrum und im Norden kam es den Angaben zufolge zu Zusammenstößen. Mehrere Demonstranten sollen festgenommen worden sein.

Auf dem Videoportal YouTube waren Protestrufe in U-Bahnen und auf Straßen und Plätzen zu hören.

Eine Gruppe um den Oppositionspolitiker Mahdi Karrubi wurde angegriffen, als sie sich den Gegendemonstranten anschließen wollte, wie dessen Sohn Hossein Karrubi mitteilte. Die Angreifer, offenbar Angehörige der Basidschi-Miliz hätten die Scheiben von Karrubis Auto eingeschlagen, sagte Hossein Karrubi.

Die Enkelin von Ayatollah Khomeini, Zahra Eshraghi, und ihr Mann Mohammed Resa Chatami, zwei Politiker aus dem Lager der Reformer, seien für etwa eine Stunde festgenommen worden, berichtete die oppositionelle Website Rahesabs.

Wie bereits bei vergangenen Protesten nutzte die Oppositionsbewegung den Mikrobloggingdienst Twitter, um die Lage auf den Straßen zu schildern und auf Fotos und Videos aufmerksam zu machen. Unter dem Schlagwort "iranelection" gingen am späten Vormittag teilweise mehrere hundert Kurznachrichten pro Minute ein, unter ihnen viele Hinweise auf Blogs und Unterstützungsbekundungen von Twitter-Nutzern aus aller Welt. Herkunft und Wahrheitsgehalt der Botschaften sind allerdings nicht überprüfbar.

Auf ersten Videos auf YouTube ist unter anderem zu sehen, wie sich die oppositionellen Demonstranten versammeln und "Referendum! Referendum! Das ist der Ruf des Volkes!" rufen. In einem Video, dass die Übertragung der Ahmadinedschad-Rede im Staatsfernsehen zeigt, ist zu hören, wie Sprechchöre "Tod dem Diktator" ausgeblendet werden, als sie zu laut werden.

Seit der umstrittenen Wiederwahl des erzkonservativen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad im Juni 2009 kommt es immer wieder zu Massenprotesten gegen das Regime.

Die internationale Presse durfte zwar über die Ansprache Ahmadinedschads auf dem Friedensplatz in Teheran berichten, sich aber kein eigenes Bild von den Demonstrationen der Regimegegner machen. Zudem funktionierte das Internet nur begrenzt, auch konnten kaum SMS verschickt oder Telefonate mit dem Handy geführt werden. Ahmadinedschad hatte in seiner Rede angekündigt, dass der Iran nun erstes Uran auf 20 Prozent angereichert habe.

Regime plant staatliches E-Mail-Programm

Während im Internet auf regimekritischen Seiten die Meldungen von Protesten und Übergriffen auf Oppositionelle kursieren, üben sich die Machthaber im Jubel.

Präsident Mahmud Ahmadinedschad nahm das Jubliäum zum Anlass, neue Erfolge des umstrittenen Atomprogramms zu verkünden. In seiner Rede zum 31. Jahrestag der Revolution sagte er, Iran sei mit der Herstellung von hochangereichertem Uran zum Atomstaat geworden.

Im Vorfeld des Jahrestags hatte der US-Internetkonzern Google bestätigt, dass in Iran derzeit wenige Nachrichten über den E-Mail-Dienst Gmail versendet werden. Das Wall Street Journal hatte berichtet, dass die iranischen Behörden Gmail künftig blocken würden, um ein staatliches E-Mail-System einzuführen. Gmail wird von vielen Oppositionellen als Kommunikationsmittel benutzt, da es auch eine Chatfunktion besitzt.

Bereits am Mittwochabend hatten Regierungsgegner auf den Dächern der Hauptstadt den Ruf Allahu akbar (Gott ist groß) angestimmt. Um die Protestbewegung zu unterdrücken, drosselten die Behörden erneut die Internet-Bandbreite und schränkten die SMS-Übertragung im Mobilfunknetz ein. Ein Google-Sprecher teilte mit, es gebe Störungen beim Zugang zum Mail-Dienst im Iran. Das Unternehmen habe auch einen deutlichen Rückgang beim Datenaufkommen registriert.

Im Video: Bei Demonstrationen zum Jahrestag der Islamischen Revolution im Iran ist es nach Oppositionsangaben zu schweren Zusammenstößen gekommen.

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