Iran-Abkommen:Trump zieht die Daumenschrauben an

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US-Präsident Donald Trump hat das Atomabkommen mit Iran von Beginn an für schlecht gehalten. (Foto: AP)
  • Ein Vertreter der Trump-Regierung hat erklärt, dass ausnahmslos alle Staaten, die am 4. November noch Öl aus Iran beziehen, mit harten Sanktionen rechnen müssen.
  • Das betrifft vor allem die größten Abnehmer iranischen Öls: China, die EU, Südkorea, Indien und die Türkei.
  • Für die EU wäre es kein Untergang, wenn das Öl aus anderen Staaten kommen müsste.
  • Für Iran aber ist Erdöl die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle. Auf kein anderes Exportprodukt ist das Land so angewiesen.

Von Thorsten Denkler, New York

Es war klar, dass US-Präsident Donald Trump auch die iranischen Öl-Exporte ins Visier nehmen würde, um das internationale Atomabkommen mit dem Land endgültig zu Fall zu bringen. Nur, dass der Schritt so heftig ausfallen würde, damit haben die allerwenigsten gerechnet. Ein Vertreter der Trump-Regierung hat an diesem Dienstag erklärt, dass ausnahmslos alle Staaten, die am 4. November noch Öl aus Iran beziehen, mit harten Sanktionen rechnen müssen.

Trump hatte Anfang Mai den einseitigen Ausstieg aus dem Atomabkommen mit Iran verkündet, dem Joint Comprehensive Plan of Action (JCPOA). Und schon da mit Sanktionen gegen Staaten gedroht, die weiter Handel mit Iran treiben. Nach maximal 180 Tagen, so lautete die Ansage, müssten alle Geschäfte mit Iran eingestellt werden. Sonst werde der Zugang zum US-Markt erschwert bis unmöglich gemacht.

Bisher hatte Trump die Öl-Abnehmer noch hoffen lassen, die Amerikaner würden es akzeptieren, wenn sie nur langsam Abstand vom iranischen Öl nehmen. Oder dass es Ausnahmen geben könnte. Beides soll jetzt nicht passieren. Ausnahmen seien nicht vorgesehen. Und ab 4. November muss Schluss sein. Diese Optionen stünden nicht länger zu Debatte, heißt es.

Reaktionen auf Trumps Iran-Entscheidung
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Der frühere US-Präsident äußert sich selten zu aktueller Politik. Umso schärfer wirkt seine Reaktion. Kritiker aus aller Welt bezeichnen Trumps Entscheidung als "zerstörerisch", "kurzsichtig" und "verheerend".

Das betrifft vor allem die größten Abnehmer iranischen Öls: China, die EU, Südkorea, Indien und die Türkei. Abgesehen haben aber dürfte es Trump mit der harschen Drohung vor allem auf die Staaten der Europäischen Union und auf China. Die EU importiert täglich etwa 550 000 Barrel Öl aus Iran. China etwa 650 000 Barrel täglich. Anders als die anderen Großabnehmer gehören die EU und China neben den USA, Frankreich, Deutschland, Großbritannien und Russland zu den Unterzeichnern des JCPOA.

Die Sanktionen treffen Iran in wirtschaftlich unruhigen Zeiten

Für die EU wäre es kein Untergang, wenn das Öl aus anderen Staaten kommen müsste. Iranisches Öl macht dort nur etwa fünf Prozent aller Öl-Importe aus. Und Deutschland bezieht gar kein Öl aus Iran. Für Iran aber ist Erdöl die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle. Auf kein anderes Exportprodukt ist das Land so angewiesen. Seitdem viele Wirtschaftssanktionen mit dem Abkommen von 2015 aufgehoben wurden, konnte das Land die Fördermenge Jahr für Jahr steigern. Zuletzt hat es etwa 2,7 Millionen Barrel am Tag verkauft. Was dem Land inzwischen einen bescheidenen Wohlstand erlaubt. Andererseits aber auch hilft, seine militärische Stärke auszubauen.

Die Sanktionen treffen Iran in wirtschaftlich unruhigen Zeiten. Präsident Hassan Rohani hat die Iraner am Dienstag zum nationalen Zusammenhalt aufgerufen. "Wir müssen einander die Hände reichen", sagte er in einer im Fernsehen übertragenen Rede. Und: Iran befinde sich in einem Kampf mit den Vereinigten Staaten, "die einen Wirtschaftskrieg wollen".

Vorangegangen waren ungewöhnlich heftige Proteste gegen den Verfall der iranischen Währung und für wirtschaftliche Reformen. Der Rial hat in den vergangenen sechs Monaten gut 50 Prozent seines Wertes gegenüber dem Dollar eingebüßt. Mittlerweile werden auf dem Schwarzmarkt bis zu 90 000 Rial für einen Dollar gezahlt, während die Zentralbank den offiziellen Kurs zwar bei 42 000 Rial festgesetzt hat, man jedoch nach Aussagen von demonstrierenden Händlern bei den Banken keine Devisen mehr bekomme. Die Entwicklung hatte sich ab Mai beschleunigt, als US-Präsident Trump den Ausstieg aus dem Atomabkommen verkündete. Zudem lag die Arbeitslosigkeit Ende vergangenen Jahres bei fast zwölf Prozent.

Die Zukunft des Atomabkommens mit Iran hängt deswegen vor allem an der Frage, ob Iran weiter Öl exportieren kann. Das Mullah-Regime in Teheran hat mehrfach klargemacht: Wenn der Austritt der USA aus dem Atomabkommen dazu führt, dass das Öl-Geschäft zerstört wird, dann sieht es sich auch nicht mehr an das Abkommen gebunden.

Das Atomabkommen soll Iran über die kommenden Jahre davon abhalten, Atomwaffen zu bauen. Iran hatte sich bereiterklärt, auf Urananreicherung über das zivile Maß hinaus zu verzichten und lässt sich intensive Kontrollen gefallen. Bisher gibt es keinen Zweifel daran, dass Iran die Auflagen einhält. Im Gegenzug sind die Wirtschaftssanktionen gegen das Land massiv gelockert worden.

Trump aber hat das Abkommen von Beginn an für schlecht gehalten. Vor allem, weil es nur befristet gilt, bis 2031. Danach muss neu verhandelt werden. Zudem lässt es außer Acht, dass Iran auch ohne Atomwaffen großen militärischen Druck auf die Region ausübt.

Die Europäer haben seit dem Austritt der USA aus dem Abkommen versucht, vor allem die asiatischen Abnehmer iranischen Öls davon zu überzeugen, den Handel nicht aufzugeben, um das JCPOA zu retten. Die Trump-Regierung ist ebenfalls auf Reisen gegangen. Mit gegenteiligem Ziel. Trump hat in dem Spiel allerdings die eindeutig besseren Karten.

Noch aber scheinen die Öl-Abnehmer ausloten zu wollen, ob sie die US-Sanktionen umgehen können. Eine wichtige Rolle spielt die Frage, ob sie Banken finden, die groß genug sind, die Öl-Geschäfte zu finanzieren und gleichzeitig auf dem US-Markt keine große Rolle spielen. Das ist schwer. Denn es geht um große Summen auf einem Markt, der vor allem über US-Dollar abgewickelt wird.

Auch Trump geht ein hohes Risiko ein

Nach Angaben des iranischen Öl-Ministers Bijan Namdar Zanganeh sind die ersten Abnehmer schon abgesprungen aus Sorge vor den Sanktionen. Dazu gehörten angeblich die die Total SA und die Royal Dutch Shell PLC.

Die offene Frage ist, welche Sanktionen Trump gegen Staaten verhängt werden, die an iranischem Öl festhalten wollen. Wenn er es ernst meint mit der Frist zum 4. November, dann bleibt nicht mehr viel Zeit, um das herauszufinden. Die Drosselung der Importe iranischen Öls müsse "jetzt" beginnen, sagte ein Regierungsvertreter in Washington.

Für Trump ist der Schritt allerdings auch mit einem hohen Risiko verbunden. Allein die Ankündigung dieser harten Frist hat den Ölpreis um bis zu drei Prozent in die Höhe schnellen lassen. Sollte Trump seine Drohung wahr machen, verliert der Weltmarkt 1,5 Millionen Barrel Öl täglich. Das sei "weit mehr, als noch vor einer Woche gemutmaßt wurde", sagt der Londoner Öl-Analyst Amrita Sen.

Die Menge kann zwar von anderen Staaten ausgeglichen werden. Aber eben zu deutlich höheren Preisen. Das würden dann schnell auch die Verbraucher an den US-Zapfsäulen merken. Womöglich noch vor den wichtigen Halbzeitwahlen am 6. November.

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