Initiative gegen Gehaltsunterschiede:Obama schart die Frauen um sich

President Obama To Sign Order On Pay Equality

US-Präsident Obama bei der Unterzeichnung der "Executive Order" gegen Diskriminierung in Gehaltsfragen.

(Foto: Bloomberg)

Einladung ins "21. Jahrhundert": Obama drängt die Republikaner, Stellung zu den Gehaltsunterschieden zwischen Männern und Frauen zu beziehen. Dem US-Präsidenten geht es dabei allerdings nicht nur um Gerechtigkeit.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Wie hältst du es mit den Frauen? Eine knifflige Frage für die Republikaner, die immer noch das weiße, männliche Amerika verkörpern. Mit zwei Federstrichen sorgte US-Präsident Barack Obama nun dafür, dass sich die Konservativen nicht um eine Antwort drücken können.

Obama unterschrieb am Dienstag, dem "Tag der gleichen Bezahlung", zwei Präsidenten-Erlasse zur Einkommensgleichheit zwischen Männern und Frauen. Beide betreffen Firmen, die für die Regierung arbeiten. Diese müssen künftig angeben, ob Frauen und Männer, aber auch Angehörige unterschiedlicher Ethnien bei gleicher Tätigkeit das gleiche Gehalt erhalten. Zudem dürfen sie künftig keine Mitarbeiter mehr dafür bestrafen, dass sie sich untereinander über ihr Gehalt informieren.

Die vorwiegend symbolische Geste nutzte der Präsident, der während seiner Unterschrift bildmächtig von einem guten Dutzend Frauen umgeben war, zu einer Attacke auf den politischen Gegner: Die Republikaner behaupteten, sie seien für Lohngleichheit zwischen Mann und Frau, setzte er an. "Beweisen sie es mir. Sie können morgen damit anfangen und zu uns ins 21. Jahrhundert kommen."

Gemeint ist der "Paycheck Fairness Act", ein Gesetz zur Lohnangleichung zwischen den Geschlechtern, über das der Senat am Mittwoch abstimmen könnte - und das die Republikaner blockieren wollen. Der Gesetzentwurf verbietet die Bestrafung von Lohn-Gesprächen zwischen Mitarbeitern landesweit und soll Zivilklagen wegen geschlechtsbedingten Einkommensungleichheiten zulassen.

Zwei Mal gescheitert - doch jetzt ist Wahlkampf

Der Entwurf scheiterte bereits zwei Mal an den Republikanern, doch in diesem Versuch geht es auch um ein Wahlkampf-Signal: Bessere Gehälter haben die Demokraten zum zentralen Thema für die im November anstehenden Kongress gemacht.

Lohngleichheit passt nicht nur in das Wertesystem des US-Präsidenten, es soll auch jene Frauen und Familien für die Demokraten mobilisieren, die Obama schon in den beiden Präsidentschaftswahlen wichtige Stimmen sicherten. "Es geht nicht um Fairness gegenüber Frauen", erklärte Obama, "es geht darum, dass Republikaner alle Anstrengungen blockieren, faire Voraussetzungen für arbeitende Familien zu schaffen."

Die Republikaner wollen sich den Vorwurf der Ignoranz nicht gefallen lassen - und schickten deshalb eine Frau vor, ihre Botschaft zu verkünden. "Viele Ladys in meinem Bekanntenkreis haben das Gefühl, dass sie als Schachfiguren verwendet werden", sagte die republikanische Kongressabgeordnete Lynn Jenkins aus Kansas in einer Pressekonferenz, "sie fühlen sich herablassend behandelt, dass die Demokraten diese Themen nutzen, um von ihrer verfehlten Wirtschaftspolitik abzulenken." Mitch McConnell, der Vorsitzende der republikanischen Minderheitsfraktion im Senat, sprach von "der jüngsten bizarren Obsession der Linken".

Wie groß ist die Ungleichheit?

Die Republikaner argumentieren, dass bereits seit 1963 Lohndiskriminierung gesetzlich verboten ist. Das stimmt, allerdings wurden in das Gesetz seinerzeit viele Ausnahmen eingewoben. Gleichzeitig gibt es unterschiedliche Berechnungen der Lohnunterschiede.

Das Weiße Haus nennt stets eine Statistik, wonach Frauen in Vollzeit-Beschäftigung nur 77 Prozent von dem verdienen, was Männer bekommen. An Stundenlöhnen gemessen liegt der Wert bei 81 bis 86 Prozent. Die Online-Gehaltsplattform PayScale kam in einer Studie zu dem Ergebnis, dass Männer vor allem aufgrund der Wahl prestige- und einkommensstarker Branchen mehr verdienen würden.

Fest steht allerdings: Im neuen Jahrtausend ist die finanzielle Aufholjagd, die in den Sechzigern bei einem Einkommensunterschied von mehr als 40 Prozent begann, zum Stillstand gekommen.Ob Barack Obama daran noch etwas ändern kann?

Debatte mit blinden Flecken

Die Republikaner versuchen, das Thema als Wahlkampf-Manöver zu diskreditieren. Sie verweisen genüsslich darauf, dass selbst im Weißen Haus weibliche Mitarbeiter zwölf Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen verdienen. Allerdings liegt dies nicht an ungleicher Bezahlung nach Geschlecht, sondern an einem Männer-Überschuss in höheren Positionen.

Auf die Idee einer Frauenquote käme in den Washington freilich niemand. Ebenfalls keine Rolle spielen in all diesen Debatten die Gehaltsunterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen und damit die Frage nach der Verteilung von Bildungs- und Karrierechancen.

So ist das durchschnittliche Wocheneinkommen einer weißen Frau in Vollzeit-Beschäftigung deutlich höher als das eines Schwarzen oder eines Latinos.

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