Anschlag in Jakarta:Warum der IS in Indonesien keinen Erfolg haben wird

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Menschen demonstrieren nach dem Anschlag auf ein Café in Indonesiens Hauptstadt Jakarta gegen Terror. (Foto: dpa)
  • Die Dschihadistenmiliz IS versucht mit dem Anschlag in Jakarta das größte muslimische Land der Welt zu destabilisieren.
  • So leicht wie in den auseinander fallenden Staaten des Nahen Ostens werden es die Terroristen nicht haben - Indonesien ist vergleichsweise stabil.
  • Selbst muslimische Verbände engagieren sich dort energisch gegen islamistischen Terror.

Von Arne Perras

Mit dem Anschlag in Jakarta haben die Terroristen des sogenannten Islamischen Staates (IS) eine weitere Front eröffnet. Sie zielen nun auch auf den Vielvölkerstaat Indonesien, wo mehr Muslime leben als in jedem anderen Land. 90 Prozent der 250 Millionen Bewohner bekennen sich zum Islam. Schon allein deshalb kann es dem Westen nicht egal sein, ob es dem IS gelingt, sich auch im fernen Südostasien festzusetzen. Rückzugsräume dort wären für den IS ein großer Vorteil - die Miliz könnte neue Kämpfer ausbilden und ihren Radius erweitern. Der globale Kampf gegen den Terror würde in diesem Fall noch komplizierter.

Auf den ersten Blick sieht es so aus, als habe der IS mit dem Anschlag in Jakarta seine Stärke bewiesen. Aber das ist nicht gewiss. Manches spricht eher dafür, dass der Angriff aus Sicht der Täter einem Fehlschlag nahekam. Vier zivile Tote - das sind vergleichsweise wenig gemessen an den Massakern, die der IS andernorts anrichtet. Viele Indonesier reagierten mit Spott auf die Attacke, die auch Experten als stümperhaft einstuften. Die Angreifer waren schlecht bewaffnet und hatten von Sprengstoff wenig Ahnung. Gleichzeitig hat die Polizei einen guten Job gemacht. So wurde Schlimmeres verhindert.

Indonesier wehren sich gegen Arabisierung ihrer Kultur

Staaten erscheinen im Kampf gegen den Terror oft als schwach. Doch gerade Indonesien hat einige Stärken aufzuweisen: Die Reaktionen auf den Angriff haben gezeigt, dass sich dort eine breite Masse moderater Kräfte entschlossen gegen die islamistische Gewalt stemmt. Niemand duckt sich weg. Die großen muslimischen Verbände, Muhammadiyah und Nahdlatul Ulama, die mehr als 60 Millionen Mitglieder haben, verurteilten die Tat scharf. Und diese Linie ist nicht neu. Kampagnen gegen Terror und Dschihad werden von einheimischen muslimischen Gruppen mitgetragen. Weil das so ist, haben Terrornetzwerke wenig Raum, um sich zu organisieren.

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Natürlich gibt es auch in Südostasien einen Nährboden für Extremisten. Vielerorts auf der Welt ist der Einfluss des wahabitischen und salafistischen Islam auf dem Vormarsch, auch in Indonesien. Religiöse Toleranz hat eine lange Tradition in dem Land, doch das macht den Vielvölkerstaat nicht gänzlich immun gegen das Gift islamistischer Ideologie und die Propaganda von Gewaltpredigern.

Erkennbar ist aber, dass sich viele Indonesier gegen eine Arabisierung ihrer Kultur und ihres Glaubens wehren. Dieser Trend könnte jetzt nach dem Schock von Jakarta noch zunehmen. Das Entsetzen über die Kriege in Nahost und das Wüten des IS setzt sich fest in den Köpfen, das Chaos schreckt ab. In Indonesien herrscht Stolz auf das, was die eigene Nation erreicht hat. Das Land ist trotz mancher Defizite eine recht stabile Demokratie. Der Wohlstand wächst, Konflikte im Innern sind beherrschbar. Und die große Mehrheit steht hinter ihrem säkularen Staat.

Rückkehrer aus Syrien könnten das Land destabilisieren

Dennoch war der Terror schon früher kein Unbekannter. 2002 sprengten Verbündete von al-Qaida Klubs in Bali, weitere Anschläge folgten. Nun sieht es so aus, als löse der IS das Al-Qaida-Netz als Terrorpaten ab. Noch radikalere Kämpfer werden versuchen, Indonesien ins Wanken zu bringen. Dazu gehören Hunderte Indonesier, die in Syrien kämpfen und womöglich zurückkehren. Diese Gefahren werden nicht weichen. Gleichwohl hat Jakarta eine gute Chance, terroristische Exzesse auf absehbare Zeit zu beherrschen. Schon nach den Anschlägen von Bali gelang es dem Staat, fast alle Terrorzellen zu zerschlagen.

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Der Islamische Staat bekennt sich zu den Explosionen in Jakarta. Experten warnen schon länger, dass die Terrormiliz einen Brückenkopf in Südostasien errichten will.

Von Arne Perras

Nun muss Jakarta ebenso konsequent gegen den IS vorgehen. Solange der Staat wachsam ist und sich auf die breite Bevölkerung stützt, die sich ihre indonesische Erfolgsgeschichte nicht zerbomben lassen will, wird der IS diese neue Front kaum im Sturm erobern.

© SZ vom 20.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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