Illegale Einwanderung:In den USA wächst die Angst vor einer Abschiebewelle

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Agenten der US-Abschiebebehörde ICE nehmen einen illegalen Einwanderer fest. (Foto: AFP)
  • In der vergangenen Woche wurden in den USA 680 illegale Migranten festgenommen.
  • Migranten-Organisationen befürchten, dass dies der Beginn einer großen Abschiebewelle ist.
  • US-Präsident Trump hatte im Wahlkampf versprochen, hart gegen illegale Einwanderer vorzugehen und kurz nach Amtsantritt ein entsprechendes Dekret unterschrieben.

Von Beate Wild, New Orleans

Was Guadalupe García de Rayos passiert ist, macht vielen Menschen in den USA Angst. Seit 21 Jahren lebte die Mexikanerin ohne Papiere in den Vereinigten Staaten, seit acht Jahren musste sie sich regelmäßig bei der Einwanderungs- und Zolldurchsetzungsbehörde ("U.S. Immigration and Customs Enforcement", kurz "ICE") melden. Die Frau, deren Kinder in den USA geboren und deshalb Amerikaner sind, galt dank einer Regelung der Obama-Regierung als geduldet. Doch als die 35-Jährige am vergangenen Donnerstag routinemäßig die Behörde in Phoenix, Arizona, aufsuchte, wurde sie verhaftet und unverzüglich nach Mexiko abgeschoben.

Neben Guadalupe García de Rayos haben US-Beamte in der vergangenen Woche mehr als 680 illegale Migranten in einem Dutzend Bundesstaaten festgenommen. Der Anwalt der Mexikanerin sagte der New York Times, nun habe der "Krieg gegen Einwanderer" begonnen. David Leopold, ein bekannter Migrationsanwalt, prophezeite am Montag im Fernsehsender Fox News, dies sei der Anfang einer Abschiebewelle. Migranten-Organisationen bereiten sich auf Razzien der Einwanderungsbehörde vor.

US-Präsident Donald Trump hatte am 25. Januar, fünf Tage nach seinem Amtsantritt, ein Dekret unterzeichnet, das die Abschiebepraxis verschärfen soll. Davon betroffen sind geschätzt elf Millionen Migranten, die ohne Papiere in den USA leben. Sind die Verhaftungen der vergangenen Woche eine Folge davon? Der Präsident verkündet, dass er gerade eines seiner Wahlkampfversprechen einlöse. Die Einwanderungsbehörde ICE wiederum lässt verlauten, dass alles nur "Routine" sei.

Abschiebungen in den USA
:Adiós Amerika, adiós meine Kinder

21 Jahre lebt Guadalupe García de Rayos illegal in den USA. Nun musste sie gehen - obwohl ihre Kinder Amerikaner sind. Der neue Präsident will es so.

Tatsächlich sind Razzien und Abschiebungen seit langem üblich. Barack Obama ließ so viele Menschen aus den USA ausweisen wie kein anderer Präsident vor ihm. Die meisten Abschiebungen gab es 2012, als 409 849 illegale Migranten außer Landes gebracht wurden.

Trump-Berater Stephen Miller versuchte, die widersprüchlichen Aussagen zusammen zu bringen. Am Sonntag erklärte er, groß angelegte Razzien der Einwanderungsbehörde seien das Resultat des Präsidenten-Dekrets, um die innere Sicherheit der USA zu erhöhen. Es stimme, dass die "Operation Cross Check" jedes Jahr durchgeführt werde, sagte Miller, "aber dieses Jahr haben wir neue und größere Schritte unternommen, um kriminelle Ausländer aus unserer Gemeinschaft zu entfernen".

Diese Aussagen dürften die in Aufregung versetzten illegalen Migranten nicht beruhigen. Kirchen und Unterstützer-Organisationen berichten, dass zahlreiche hispanische Einwanderer sich und ihre Kinder zu Hause einsperren und nicht zur Arbeit gehen. Sie fürchten, von der umgangssprachlich "Migra" genannten Abschiebebehörde aufgegriffen zu werden. Laut der American Immigration Lawyers Association haben einige Geschäfte bereits Probleme, weil ihnen die Arbeitskräfte fehlen.

Aktivistengruppen wie United We Dream oder Amercian Civil Liberties Union (ACLU) organisieren derzeit Proteste und geben Migranten Tipps, wie sie sich verhalten sollen, wenn die Polizei an ihrer Tür klopft. "Kenne deine Rechte" heißt die Aktion, bei der im Internet und auf spanisch-sprachigen Radiosendern Experten Ratschläge für die Undokumentierten geben. "Bleiben Sie ruhig und denken Sie daran, dass Sie Rechte haben. Öffnen Sie nicht die Tür, Sie können mit den Beamten durch die geschlossene Tür kommunizieren. Fragen Sie, ob sie einen richterlichen Durchsuchungsbefehl haben", erklärt etwa der mexikanische Schauspieler Demián Bichir, ein ACLU-Botschafter, in einem Internet-Video. Man solle nur nichts unterschreiben, sobald wie möglich einen Anwalt anrufen und im Notfall das Gespräch mit dem Handy filmen.

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In den sozialen Netzwerken posten Latinos indes nicht nur Tipps, wie man sich beim Zusammentreffen mit der "Migra" verhält, sondern auch wie man ihr aus dem Weg geht. Die Organisation United We Dream hat eine Hotline eingerichtet. Dort kann man melden, wo gerade eine Razzia durchgeführt wird. Auch bieten immer mehr Kirchen ihre Räumlichkeiten als Zufluchtsstätten an.

Trump hat indessen versprochen, mindestens drei Millionen illegale Einwanderer abzuschieben, die sich strafbar gemacht haben. Dazu zählt laut neuer Abschiebe-Verordnung schon das Verwenden einer falschen Sozialversicherungsnummer - was viele Migranten machen, um einen Job zu bekommen.

John Kelly, der Leiter des Heimatschutzministeriums, teilte am Montag in einer Presseerklärung mit, 75 Prozent der 680 festgenommenen Migranten würden eines Verbrechens beschuldigt. Neben Mördern, Vergewaltigern und Drogendealern meint er auch Menschen, deren einziges Vergehen es war, die Grenze illegal zu überqueren.

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