Hollande gegen Merkel:Zwei Versionen von Europa

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Francois Hollande und Angela Merkel (Foto: AFP)

Viel reden, wenig tun: Frankreichs Präsident Hollande gönnt sich gerne pompöse Auftritte und kündigt Projekte an. Jetzt fordert er eine europäische Wirtschaftsregierung - gegen die Vorstellungen von Angela Merkel. Doch Hollande wird sich der Bundeskanzlerin annähern müssen.

Ein Kommentar von Stefan Kornelius

François Hollande ist ein schwieriger Geselle. Wann immer er in der Klemme steckt, gönnt er sich einen pompösen Auftritt, wirft mit großartigen Formeln um sich und verschafft sich so ein wenig Luft. Seht her, so die Botschaft des Präsidenten, ich bin doch konstruktiv bei der Neugestaltung Europas, ich tu' doch was. Und indirekt: Es ist die deutsche Kanzlerin, die zaudert und zögert. Weil diese Auftritte in immer kürzeren Abständen nötig werden, drängt sich eine Frage auf: Warum tut sich denn nichts, obwohl der Präsident so viel tun will? Die Antwort: Weil er nichts tut. Worte und Taten stehen bei Hollande in krassem Widerspruch, weshalb die Sorge nicht unberechtigt ist, ob der Präsident noch einen realistischen Blick auf sein Land und auf Europa hat.

Nun also neue Worte: Eine europäische Wirtschaftsregierung will Hollande formen, ein gemeinsames Budget, eine gemeinsame Energiepolitik, ein harmonisiertes Steuersystem, und - auch dies wieder im Angebot - Euro-Bonds. Die Taten: wenige. Eine Wirtschaftsregierung wird seit Langem diskutiert. Die Mitglieder der Euro-Zone wissen längst, dass sie ihre Wirtschafts-, Steuer- und Finanzpolitik harmonisieren müssen, wenn sie irgendwann einmal Ruhe haben wollen vor der Krise. Nun geht es um die Geschäftsordnung. Wird es ein eher französische Wirtschaftsmodell, etatistisch, mit großzügigem Zugriff auf die Zentralbank? Oder wird es ein deutsches Modell, in dem die Wettbewerbsfähigkeit und der Markt im Vordergrund stehen und die Sorge von den Kräften der großen, globalisierten Welt?

Die ökonomische Dynamik wirkt zugunsten Merkels

Seit einem halben Jahr versucht die Bundesregierung, zumindest ein Arbeitspapier auf den Weg zu bringen, in dem die Aufgaben einer gemeinsamen Wirtschaftsregierung notiert sein sollen. Weil das Papier nicht geschrieben wurde, kam der nächste Verzweiflungsvorschlag: Wenn es noch zu früh für institutionelle Debatten ist, dann sollte man wenigstens das Feld abstecken, das eines Tages beackert werden soll. Oder, um im Bild zu bleiben: Man muss ja nicht über Traktor, Scheune und die Saatfolge reden. Aber wenigstens könnte man sich einigen, was auf dem gemeinsamen Acker überhaupt gedeihen kann.

So vergeht Woche um Woche, in denen Frankreich seine Arbeitsmarktreform nicht angeht und Kanzlerin Merkel als Sparkommissarin zur Gruselfigur mutiert. Und weil es offenbar noch nicht oft genug gesagt wurde: Ja, Hollande hätte gerne gemeinsame Schuldverschreibungen. Und nein, Merkel wird keinen Euro-Bonds zustimmen, solange die Euro-Zone ein derart heterogener Wirtschaftsraum mit seinen extremen Wettbewerbsverzerrungen ist.

Die Vorstellungen von Hollande und Merkel über Europas Wirtschaftsordnung klaffen also weit auseinander. Diese Kluft lässt sich nicht schließen mit immer neuen Forderungen. Die ökonomische Dynamik wirkt zugunsten Merkels. Und Hollande merkt nicht, dass er auch an politischer Glaubwürdigkeit verliert, je länger er taktiert. Also sitzt Merkel ihn aus. Wird sie wiedergewählt, dann muss er sich bewegen.

© SZ vom 18.05.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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