Haushaltspolitik:Rütteln am Finanzausgleich

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Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer stellt den Länderfinanzausgleich in Frage. Die Bundesminister wollen mehr Geld vom Finanzminister - in Milliardenhöhe.

Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer hat den Länderfinanzausgleich in Frage gestellt. Der CSU-Vorsitzende schrieb in einem Gastbeitrag für die Bild am Sonntag: "Solidarität und Eigenverantwortung müssen eine gesunde Balance halten. Diese Balance ist beim Länderfinanzausgleich in Gefahr."

Horst Seehofer: "Solidarität und Eigenverantwortung müssen eine gesunde Balance halten." (Foto: Foto: ddp)

2009 werde es nur noch drei Geberländer geben - nämlich Bayern, Hessen und Baden-Württemberg. Diese überwiesen voraussichtlich sieben Milliarden Euro an die restlichen Länder. "Davon schultert Bayern mit weit über drei Milliarden Euro den Löwenanteil - fast ein Zehntel des bayerischen Haushalts."

Seehofer kündigte an, er wolle in einem ersten Schritt Gespräche mit den anderen Geberländern aufnehmen. "Solidarität darf Eigenverantwortung nicht ersetzen", erklärte er und fragte: "Ist es wirklich richtig, dass in so hohem Maße der Finanzunterschied zwischen den Ländern ausgeglichen wird?"

Verärgert zeigte sich Seehofer über die Verwendung der Mittel: "Einige Nehmerländer im Finanzausgleich leisten sich trotz klammer Kassen eine Reihe staatlicher Wohltaten, die es in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg so nicht gibt - vom kostenfreien Kindergartenjahr bis zum Verzicht auf Studiengebühren."

Seehofer in der Kritik

Bayern hat von 1950 bis 1986 und 1992 Geld aus dem Länderfinanzausgleich bekommen. Insgesamt gesehen aber hat der Freistaat bis einschließlich 2008 fast 25 Milliarden Euro eingezahlt. Größtes Nehmerland ist Berlin mit inzwischen fast 37 Milliarden Euro, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit mehr als zehn Milliarden Euro.

Der stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei, Klaus Ernst, warf Seehofer indes vor, 20 Jahre nach dem Mauerfall "neue Mauern" errichten zu wolle. "Und diesmal nicht nur zwischen Ost und West, sondern zwischen starken und schwachen Ländern in allen Himmelsrichtungen." Gerade Bayern sei ja nach dem Krieg durch die Solidarität der anderen Länder stark geworden. "Kostenlose Kindergärten sind kein Luxus, sondern ein Vorbild für den Freistaat", meinte Ernst.

Doch über die Finanzen wird derzeit nicht nur zwischen den Ländern gestritten. Auch die Bundesministerien fordern derzeit mehr Geld. Die günstiger als erwartet verlaufene wirtschaftliche Entwicklung ermuntert einem Magazinbericht zufolge mehrere Bundesminister zu Nachschlagsforderungen für den Haushalt 2010.

So verlangten Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg(CSU) 300 Millionen Euro und Außenminister Guido Westerwelle (FDP) 140 Millionen Euro mehr als im Sommer vorgesehen, berichtete der Spiegel. Sie begründeten dies mit zusätzlichen Aufgaben in Afghanistan.

Auch Verkehrsminister Peter Ramsauer erbitte 400 Millionen Euro mehr, Entwicklungshilfeminister Dirk Niebel (FDP) fordere 300 Millionen Euro zusätzlich und Bildungsministerin Annette Schavan 40 Millionen Euro.

Bundesminister wollen zusätzlich 1,8 Milliarden Euro

Insgesamt beliefen sich die Mehrforderungen der Ministerien im Vergleich zum ersten Regierungsentwurf der großen Koalition auf 1,8 Milliarden Euro. Ein Sprecher des Finanzministeriums äußerte sich zu den Zahlen nicht. Die Meldungen seien da und nun gehe es in die konkreten Verhandlungen, sagte er lediglich.

Mit deutlich weniger Geld als ursprünglich geplant wird dagegen Bundesarbeitsminister Franz Josef Jung (CDU) auskommen. Laut Medienbericht zeichnet sich nach ersten Verhandlungen zwischen Finanz- und Arbeitsministerium ab, dass sein Ressort im kommenden Jahr 146 Milliarden Euro statt der von der eigentlich vorgesehenen 153 Milliarden Euro bekommen soll.

Ein Sprecher Jungs wollte die Zahlen weder bestätigen noch dementieren. Wenn die Krise positiver als erwartet verlaufe, zeige diese aber zwangsläufig vor allem im Arbeits- und Sozialetat positive Wirkungen, weil die Kosten für die Arbeitslosigkeit geringer ausfielen.

Die schwarz-gelbe Koalition will die Neuverschuldung im nächsten Jahr mit 86,1 Milliarden Euro auf der Höhe des alten Regierungsentwurfs belassen, obwohl etwa zur Finanzierung des Wachstumsbeschleunigungsgesetzes mit den darin enthaltenen Entlastungen für Familien erhebliche Mehrkosten entstehen.

Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) setzt zur Finanzierung auf eine Besserung der konjunkturellen Lage.

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