Geheimdienste:BND-Chef Schindler muss gehen

Berlin: SZ-WIRTSCHAFTSGIPFEL / Tag4

Eine mit der Suche nach einem neuen BND-Präsidenten vertraute Person erklärte, Schindler habe zu den "besseren Präsidenten" in der fast 60-jährigen Geschichte des Dienstes gehört.

(Foto: Johannes Simon)
  • Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR soll der bisherige Präsident Gerhard Schindler abgelöst und durch den Verwaltungsbeamten Bruno Kahl ersetzt werden.
  • Schindler war in Bedrängnis geraten, weil der BND in seiner Abhörstation in Bad Aibling Suchbegriffe der amerikanischen NSA eingesetzt hatte, mit denen europäische Verbündete ausspioniert worden waren.
  • Über die Gründe für die Ablösung Schindlers herrscht offiziell Stillschweigen. Das Kanzleramt soll den Wechsel forciert haben.

Von Hans Leyendecker und Georg Mascolo

Im Amt des Präsidenten des Bundesnachrichtendienstes (BND) steht ein Wechsel bevor. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR soll der bisherige Präsident Gerhard Schindler, 63, abgelöst und durch den Verwaltungsbeamten Bruno Kahl, 53, ersetzt werden. Dies verlautete aus Berliner Regierungskreisen. Eine offizielle Bestätigung gab es zunächst nicht. Kanzleramtsminister Peter Altmaier hat aber kurzfristig für diesen Mittwochvormittag zu einem Hintergrundgespräch eingeladen. Es wird erwartet, dass bei dieser Gelegenheit der Wechsel verkündet wird.

Die Veränderung an der BND-Spitze kommt überraschend. Schindler war zwar vor etwa einem Jahr in Bedrängnis geraten, nachdem herausgekommen war, dass der BND in seiner Abhörstation in Bad Aibling Suchbegriffe der amerikanischen NSA eingesetzt hatte, mit denen europäische Verbündete ausspioniert worden waren. Aber es sah lange Zeit so aus, als ob Schindler die Affäre durchstehen würde.

Schindler war seit 2012 an der Spitze des einzigen deutschen Auslandsnachrichtendienstes, der gut 6500 Mitarbeiter hat. Eine mit der Suche nach einem neuen BND-Präsidenten vertraute Person erklärte, Schindler habe zu den "besseren Präsidenten" in der fast 60-jährigen Geschichte des Dienstes gehört. Dennoch sei es richtig, ihn in den Ruhestand zu schicken.

Es sei zu Mängeln bei Kontrolle und Aufsicht gekommen

Über die Gründe für die Ablösung Schindlers herrscht offiziell Stillschweigen. Das Kanzleramt soll den Wechsel forciert haben. Dabei spielte offensichtlich eine Kombination unterschiedlicher Ursachen eine Rolle. So habe die Arbeit des NSA-Untersuchungsausschusses gezeigt, dass einige Referate im Dienst ein Eigenleben geführt hätten. Es sei zu Mängeln bei Kontrolle und Aufsicht gekommen. Dies sei zwar schon bei früheren Präsidenten ähnlich gewesen, doch jetzt sei Zeit für eine Zäsur.

Der Umzug eines Großteils des Dienstes in die Hauptstadt müsse noch abgewickelt werden. Das neue Thema Cybersicherheit werde künftig eine weit größere Rolle als bisher spielen. Den Umbau der Behörde habe man Schindler, der noch zweieinhalb Jahre im Dienst gehabt hätte, nicht mehr zugetraut. Die Zeit bis zu seinem Ruhestand sei zu knapp. Sein mutmaßlicher Nachfolger Kahl, derzeit Abteilungsleiter im Bundesfinanzministerium, gilt als enger Vertrauter von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble, der sich in den vergangenen Monaten bei Fragen der nationalen Sicherheit häufig zu Wort gemeldet hat.

Bei der Kandidatensuche hatte auch das Auswärtige Amt Interesse angemeldet, das nach langer Zeit wieder einen Diplomaten auf dem Chefsessel des Auslandsnachrichtendienstes haben wollte.

Schäuble hat zuletzt die Nachrichtendienste gegen Kritik verteidigt - intern und öffentlich. Er macht Front gegen eine derzeit diskutierte Geheimdienstreform und intervenierte deshalb auch im Kanzleramt. Man dürfe, erklärte Schäuble, dem Dienst weder durch neue Regeln die Hände binden, noch die parlamentarische Kontrolle durch das Parlament zu sehr ausweiten.

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