Flüchtlinge:Özdemir kritisiert Parteikollegen Palmer für Abschiebe-Forderung nach Syrien

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Kritisiert seinen Parteikollegen Palmer: Cem Özdemir. (Foto: dpa)
  • Der populäre Grünen-Politiker Boris Palmer spricht sich dafür aus, gewaltbereite Flüchtlinge auch nach Syrien abzuschieben.
  • Syrien gilt nicht als sicheres Herkunftsland, in das abgeschoben werden darf.
  • Von Parteikollegen erhielt Palmer am Samstag heftige Kritik.

Der Grünen-Politiker Boris Palmer hat sich dafür ausgesprochen, gewaltbereite Flüchtlinge auch nach Syrien abzuschieben - und erntet damit heftige Kritik aus seiner Partei. Der Tübinger Oberbürgermeister war in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung gefragt worden , wie mit gewaltbereiten Flüchtlingen umgegangen werden könne.

"Wohin schiebt man einen Syrer ab", fragten Journalisten der Zeitung den Grünen-Politiker. Palmer antwortete: "Da Syrer nicht mehr in ihre Ankunftsländer zurückgeschickt werden, gibt es nur einen Weg - zurück ins Herkunftsland." Eine streitbare Aussage, denn Syrien gilt nicht als sicheres Herkunftsland. Vor allem weil in weiten Teilen des Landes Krieg und Terror herrschen. Trotzdem sagt Palmer: "Es gibt auch in Syrien Gebiete, die nicht im Krieg sind."

Mit dieser Aussage zog der Tübinger Oberbürgermeister harsche Kritik auf sich, unter anderem auf seiner Facebook-Seite. Der Rathaus-Chef hielt jedoch dagegen, dass es in Syrien auch eine große Zahl an Flüchtlingen gebe, die innerhalb des Landes in sicherere Regionen fliehen.

"Applaus von falscher Seite"

Mit Blick auf vereinzelte Gewalttaten von Flüchtlingen in Deutschland sagte er: "Wie erkläre ich denn der Familie eines Opfers, dass der Täter noch im Land ist, obwohl er so aggressiv war? Da ist die Antwort 'In Syrien ist es unsicher' wenig befriedigend." Palmer fordert eine Debatte über unbequeme Themen und verteidigte seine Ansichten gegenüber parteiinternen Kritikern. Die äußerten sich noch am Samstag mit scharfen Worten.

Der wie Palmer aus Baden-Württemberg stammende Grünen-Chef Cem Özdemir bezweifelt, dass sein Parteifreund über die tatsächlichen Zustände in Syrien Bescheid weiß: "Er kann ja mal nach Syrien reisen oder sich mit Menschenrechtsorganisationen austauschen, die die Lage dort kennen," sagte Özdemir der Süddeutschen Zeitung. "Ich bezweifle, dass er dann immer noch so leichtfertig von Abschiebungen in dieses geschundene Land spricht."

Özdemirs Kollegin, die Grünen-Vorsitzende Simone Peter, schrieb auf Twitter, die Äußerungen seien "klassischer Palmer-Nonsens". Und auch Britta Haßelmann schloss sich der Kritik an. Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion bezeichnete Palmers Aussagen als "wirklich zynisch". "Von Tübingen aus lässt sich einfach darüber nachdenken, ob und wohin man nach Syrien abschieben könnte", sagte Haßelmann. Sie forderte Palmer dazu auf, in Zukunft vorsichtiger zu formulieren. Andernfalls dürfe er sich über eines nicht wundern: "Applaus von falscher Seite".

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