FDP: Kubicki attackiert Westerwelle:Liberaler Scherbenhaufen

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Zehn Tage hat Guido Westerwelles Appell zur Geschlossenheit gehalten: Nun tritt die FDP aus Schleswig-Holstein für einen radikalen Kurswechsel ein. Dauernörgler Wolfgang Kubicki nennt sechs Forderungen - eine könnte Dirk Niebel das Amt kosten.

Die FDP-interne Kritik an Parteichef Guido Westerwelle reißt auch nach dessen Geschlossenheitsappell vom Dreikönigstag nicht ab. Angesichts der sieben anstehenden Landtagswahlen fordern die schleswig-holsteinischen Liberalen in einem der Welt am Sonntag vorliegenden Strategiepapier einen radikalen Kurswechsel der Partei.

Bei einem Neujahrsempfang in Hamburg gaben sich die FDP-Politiker Guido Westerwelle und Wolfgang Kubicki noch ganz versöhnlich. Nun hat sich Kubicki, der die Landtagsfraktion der Liberalen in Schleswig-Holstein führt, wieder kritisch zu Wort gemeldet und attackiert den Parteichef. (Foto: dpa)

Nötig sei außerdem eine offene Debatte über das Führungspersonal. Westerwelle habe sich zuletzt überwiegend als Außenminister zelebriert, "als ginge ihn der zunehmende Ansehensverlust der FDP nichts an", schreiben Landtagsfraktionschef Wolfgang Kubicki und Vize-Ministerpräsident Heiner Garg in dem Papier.

Er habe nichts dazu beigetragen, den Koalitionspartner in die Schranken zu weisen und ihm vorzuhalten, dass er fortgesetzt Koalitionsabsprachen verletze. Weiter heißt es: "Die FDP ist von der CDU/CSU öffentlich wegen der Steuerpolitik der Partei vorgeführt worden - und dies geschieht bis heute -, ohne dass der Vorsitzende kraftvoll und entschieden reagierte."

Weiter heißt es in dem Papier, das offenbar von Landesvorstand und Landtagsfraktion gebilligt wurde: "Wir stehen vor einem Scherbenhaufen nicht nur unserer Politikvermittlung, sondern unserer Politik schlechthin." Deshalb müsse die FDP bekennen, "dass ihre jüngste Politik bisher weder stringent noch konsequent gewesen ist - und dies mit Demut".

Die Debatte dürfe nicht der Frage ausweichen, "ob wir in der Führung unserer Partei, der Fraktion oder in der Regierung richtig aufgestellt sind", heißt es in dem Papier weiter von Kubicki und Garg.

Westerwelles kämpferische Rede beim Dreikönigstreffen war von manchen in der Partei als zu wenig selbstkritisch empfunden worden. Die Behauptung, die Liberalen hätten sich in den Koalitionsverhandlungen in den wesentlichen Punkten durchgesetzt, habe sich als unzutreffend herausgestellt, die personelle Besetzung der Führungsämter als unzureichend, sind Garg und Kubicki überzeugt.

Sechs liberale Forderungen

Kubicki und Garg stellen dem Bericht zufolge sechs konkrete Forderungen auf, um die Partei aus der Krise zu führen. So solle das Entwicklungshilfeministerium mit dem Liberalen Dirk Niebel an der Spitze aufgelöst und dem Auswärtigen Amt zugeschlagen werden, wie es die FDP im Wahlkampf versprochen hatte.

Im Datenschutz und besonders bei der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung dürfe die Partei der Union keine Zugeständnisse machen - dies hat die liberale Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger nach Informationen der Süddeutschen Zeitung auch nicht vor. Weitere Forderungen beträfen die Vereinfachung des Steuerrechts sowie die Bildungs-, Wirtschafts- und Europapolitik.

Die Autoren des Strategiepapiers kritisierten nicht nur Westerwelle, sondern die gesamte Parteispitze. "Die Führung der Partei hat den Ernst der Lage nicht erkannt, in die die FDP seit Regierungsantritt hineingeschlittert ist", zitierte die Zeitung aus dem Papier. Kubicki sorgt seit Jahren mit kritischen Äußerungen über seine eigene Partei für Aufsehen - und für großes Medieninteresse. Im sueddeutsche.de-Interview forderte er im Dezember mehr Offenheit unter den Liberalen: "Eine wesentliche Ursache unserer Malaise besteht darin, dass einige Leute nicht den Mut haben, offen über Probleme zu diskutieren."

Westerwelle ging in einem Interview auf die massive Kritik der vergangenen Wochen an seiner Amtsführung nicht ein. "Über die Zusammensetzung des künftigen Führungsteams der FDP werden die Gremien bei einem Treffen mit den Landesvorsitzenden am 11. April in Vorbereitung unseres Parteitages im Mai reden", sagte er dem Tagesspiegel am Sonntag. Die Stimmung drehe sich derzeit ins Positive, und zwar gerade im liberalen Stammland Baden-Württemberg, wo Ende März Landtagswahlen anstehen. Auch bei den übrigen sechs Landtagswahlen dieses Jahr hätten die Liberalen gute Chancen.

© Reuters/dpa/mati - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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