Eurovision Song Contest in Aserbaidschan:Polizei geht brutal gegen Demonstranten vor

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Zwei Tage vor dem Finale des Eurovision Song Contest ist die Lage in Aserbaidschan angespannt: Oppositionelle demonstrierten vor dem Sitz des Staatsfernsehens in der Hauptstadt Baku für Pressefreiheit - die Polizei reagierte prompt und nahm mehr als 30 Menschen ohne Warnung gewaltsam fest.

Zwei Tage vor dem Finale des Eurovision Song Contest ist die Polizei in Aserbaidschan gegen oppositionelle Demonstranten vorgegangen. Bis zu 35 Menschen seien am Donnerstag bei einem nicht genehmigten Protest am Sitz des Staatsfernsehens in der Hauptstadt Baku festgenommen worden, sagte eine Oppositionssprecherin. Zwei der Festgenommenen hielten demnach ein Plakat in die Höhe, auf dem sie Pressefreheit forderten.

Oppositionelle haben für freie Medien demonstriert - und wurden von Zivilpolizisten gewaltsam festgenommen. (Foto: dpa)

Das staatliche Fernsehen berichtet stets umfangreich über die Reden von Präsident Ilham Alijew, der seit langem die Opposition in seinem Land unterdrückt. Die Führung des vorderasiatischen Landes wandte sich gegen eine "Politisierung" des Eurovision Song Contest. Hintergrund war ein Treffen der schwedischen Teilnehmerin Loreen mit Menschenrechtsaktivisten am Mittwoch. Ein Vertreter des Präsidentenbüros in Baku forderte forderte von der European Broadcasting Union, die das Finale des Wettbewerbs verantwortet, solche "politisierten Aktionen" zu unterbinden und einzuschreiten.

Reporter hatten bei der Protestaktion vor dem Sender beobachtet, wie Kundgebungsteilnehmer von Sicherheitskräften in Busse gezerrt wurden. Giorgi Gogia von der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch sprach von einem "völlig unverhältnismäßigen Einsatz" der Polizeibeamten, von denen viele in Zivil gewesen seien. "Man hat nicht einmal dazu aufgefordert, den Platz zu räumen, sondern einfach alle festgenommen", sagte Gogia. Zu der Demonstration aufgerufen hatte die Volkskammer, ein Zusammenschluss von Oppositionsparteien und Regierungskritikern.

Auch Amnesty International kritisierte die Menschenrechtslage in Aserbaidschan. Die Rechte auf freie Meinungsäußerung, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit seien auch im vergangenen Jahr systematisch eingeschränkt worden, hieß es im Menschenrechtsbericht der Organisation, der am Donnerstag veröffentlicht wurde. Mit einer "millionenschweren PR-Kampagne" versuche die aserbaidschanische Regierung, das Land als modern und demokratisch darzustellen, erklärte Amnesty. Allerdings sehe die Realität anders aus.

Aserbaidschan ist Gastgeber des Eurovision Song Contest, bei dem am Samstag Roman Lob für Deutschland im Finale antritt. Während die Staatsführung im Vorfeld des Wettbewerbs den Druck auf Regierungskritiker verschärfte, versucht die Opposition, das große Medieninteresse an dem Land auf die Beschränkung der Bürgerrechte zu lenken.

© Süddeutsche.de/AFP/dapd/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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