Umweltministerin stellt Konzept zur Atommüll-Zwischenlagerung vor
26 Castor-Behälter mit Atommüll, die in den kommenden Jahren in Deutschland zurückerwartet werden, sollen zur Zwischenlagerung nach Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein, Hessen und Bayern gehen. Das sieht ein Gesamtkonzept von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) vor, das sie am Freitag in Berlin vorstellte. "Das ist ein großer Schritt voran", sagte Hendricks. Ihr Konzept ist demnach mit den Akw-Betreibern abgestimmt, die sich aber eine Prüfung der Vorschläge vorbehalten haben.
Insgesamt sollen 2017 fünf Castor-Behälter mit mittelradioaktivem Atommüll aus der französischen Wiederaufbereitungsanlage La Hague und danach 21 weitere mit hochradioaktivem Atommüll aus dem britischen Sellafield zurückgebracht werden. Das strahlende Material stammt aus deutschen Atomkraftwerken. Schleswig-Holstein, Baden-Württemberg und Hessen haben sich bereiterklärt, einen Teil der Behälter in Zwischenlagern unterzubringen. Bayern hat die Rücknahme allerdings bisher abgelehnt.
Hendricks plant nun, die fünf Behälter aus La Hague im baden-württembergischen Philippsburg unterzubringen. Von den Castoren aus Sellafield sollen je bis zu sieben ins hessische Biblis und ins schleswig-holsteinische Brokdorf gebracht werden, bis zu neun in Zwischenlager am bayerischen Akw Isar bei Landshut. Die genaue Verteilung ist allerdings noch offen und hängt unter anderem von den Transportmodalitäten ab.
Die Umweltministerien der Länder wurden laut Hendricks über das Konzept informiert. Ihre Zustimmung sei aber nicht erforderlich. Gleichwohl sicherte Hendricks zu, sich weiterhin um Einvernehmen mit den betroffenen Ländern und Kommunen zu bemühen. Abgesehen von Bayern seien allerdings auch keine Einwände von Seiten der Länder bekannt.
Energiekonzerne begrüßen Vorlage
Die Energiekonzerne Eon, RWE, EnBW und Vattenfall begrüßten nach einem Gespräch mit Hendricks am Freitagmorgen in gemeinsamen Eckpunkten grundsätzlich die Vorlage des Konzepts der Ministerin. Sie erklärten sich auch bereit, eine Rücknahme mehrerer von ihnen gegen das Atomgesetz eingereichten Klagen zu prüfen und zunächst zu beantragen, diese ruhend zu stellen.
Atommüll:Der Schatz von Gorleben
2005 verbot der Bund jede Nutzung des Salzstocks Gorleben, um das potenzielle Endlager nicht zu gefährden. Jetzt ist der Streit darüber neu entbrannt.
Die Konzerne hatten bislang darauf beharrt, die Castoren wie bisher ins niedersächsische Gorleben zu bringen. Diesen ursprünglichen Plan hatte der Gesetzgeber mit der letzten Atomnovelle aus dem Jahr 2013 ausgeschlossen. Seither gibt es Streit unter den Bundesländern darüber, wo die ausstehenden Behälter mit dem strahlenden Abfall aus deutschen Kernkraftwerken zwischengelagert werden bis einmal ein Endlager existiert. Die Energiekonzerne weigern sich bislang, für die dadurch entstehenden zusätzlichen Kosten aufzukommen, weil ja ein ausreichend großes, schon bezahltes und zugelassenes Zwischenlager - in Gorleben - existiere.
Bayerische Staatskanzlei: "Politisch unklug und dreist"
Bayern hat dem Bund mit einem Scheitern der Energiewende gedroht, sollte die Bundesregierung einseitig eine Atommüll-Zwischenlagerung in einzelnen Ländern beschließen. "Wenn der Bund hier allein entscheiden will, stellt er eine Einigung bei der Energiewende insgesamt infrage", erklärte Staatskanzleichef Marcel Huber (CSU) in München.
Einseitige Festlegungen des Bundes seien "politisch unklug und dreist". Dies müsse, wie alle anderen Fragen, am Verhandlungstisch mit den Ländern gelöst werden. "Fakt ist: Wir stehen bei der Energiewende auf der Zielgeraden unserer schwierigen, komplexen Verhandlungen", sagte Huber. Dabei lasse sich kein Bereich isoliert betrachten und entscheiden. Vielmehr gelte: Alles hängt mit allem zusammen. "Eine Energiewende gegen den Willen einzelner Länder hat keine Chance", so Huber weiter. "Wir müssen alle Entscheidungen im gegenseitigen Einvernehmen treffen, auch die schwierige Frage der Zwischenlagerung deutschen Atommülls."
Ihr Forum:Wohin mit dem Atommüll?
Bayern soll erstmals als Zwischenlager für deutschen Atommüll dienen, der aus dem Ausland zurückkommt. So lautet ein Kompromiss der Bundesumweltministerin mit den Energiekonzernen. Aus der CSU kommt Widerstand: Das sei "politisch unklug und dreist".
Zustimmung aus Schleswig-Holstein und Hessen
Schleswig-Holsteins Energieminister Robert Habeck (Grüne) hat das Konzept des Bundes grundsätzlich begrüßt. Habeck bekräftigte am Freitag die Bereitschaft der Landesregierung, Castoren im Norden aufzunehmen. Die entscheidende Voraussetzung einer fairen Lastenverteilung sei mit dem Konzept grundsätzlich erfüllt.
Zustimmung kam auch aus Hessen. "Wir ducken uns nicht weg", erklärte Umweltministerin Priska Hinz (Grüne) in Wiesbaden. Hessen stehe nach wie vor zu seiner Verantwortung. "Ich erwarte jetzt, dass auch alle anderen Länder ihrer Verpflichtung nachkommen."