Debatte um Street View:Google soll Rentner um Erlaubnis fragen

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Führenden Politikern der schwarz-gelben Regierung geht die Möglichkeit des Widerspruchs bei Google Street View nicht weit genug. Sie fordern den US-Konzern auf, im Einzelfall um Erlaubnis zu fragen.

Die Freischaltung des Straßenfotodienstes Google Street View naht, seit Dienstag haben Hausbewohner die Möglichkeit, Einspruch gegen die Aufnahme ihres Hauses aus der Fußgänger-Perspektive einzulegen. Vielen Politikern der schwarz-gelben Regierung geht das nicht weit genug - sie ziehen immer neue Maßnahmen in Erwägung, um Häuserfassaden vor Blicken im Internet zu schützen.

Google-Anleitung zum Widerspruch gegen Street View: Vielen Politikern geht die Möglichkeit des Einspruchs nicht weit genug. (Foto: APN)

Während Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) im Bundeskabinett auf eine schnelle Initiative drängen will, um das Datenschutzrecht der "digitalen Welt" anzupassen, äußerte die stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende Gisela Piltz konkrete Forderungen an Google.

Piltz forderte den Suchmaschinenkonzern auf, die bisherige Regelung umzukehren: Statt Einsprüche anzunehmen, müsse Google die Bürger aktiv nach ihrer Zustimmung zu einer Veröffentlichung fragen. "Ich bin dafür, dass jedenfalls dort, wo von Google sensibles Datenmaterial erhoben wird, über eine Einwilligungslösung nachgedacht werden sollte", sagte Piltz der Bild-Zeitung .

Auch der CSU-Sicherheitsexperte Stephan Mayer plädiert für eine solche Lösung: Google müsse insbesondere bei älteren Menschen um eine Einwilligung bei der Veröffentlichung bitten, sagte Mayer der Bild-Zeitung. "Es gibt Menschen, die bei Google Street View den Überblick verlieren und das Widerspruchsrecht nicht verstehen." Deshalb sollte Google zum Beispiel bei Rentnern selbst nachfragen müssen, ob eine Veröffentlichung in Ordnung ist oder nicht.

Unterstützung für die bisherige Politik des Suchmaschinengiganten kommt von Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU). Nur in Deutschland gewähre der US-Konzern den Bürgern derartig umfangreiche Möglichkeiten zum Widerspruch, sagte Aigner dem ARD- Morgenmagazin. Widersprechen könnten Bürger nicht nur innerhalb der vier Wochen vor dem Start von Google Street View, sondern auch nachträglich.

"Auf der Google-Homepage können sie das Formular abrufen und können Einspruch einlegen." Dieser würde dann auch berücksichtigt. "Das ist eine ganz klare Zusage", sagte Aigner.

Trotzdem werde sich die Regierung über eine generelle Regelung zur Verwendung sogenannter Geodaten verständigen, kündigte Aigner an. Dabei gehe es nicht nur um Street View, sondern darum, wie mit Geodaten und Persönlichkeitsrechten umzugehen sei.

Ein neues Gesetz stößt jedoch beim Innenminister auf wenig Gegenliebe. Thomas de Maizière (CDU) hält die Aufregung für übertrieben: "Wir diskutieren das richtige Thema am falschen Objekt", sagte de Maizière. Beim Street-View-Schwesterdienst Google Earth, der seit 2004 online ist und Satellitenfotos zeigt, seien schließlich Häuser, Gärten und Swimmingpools zu erkennen. Das sei teilweise problematischer als die bloßen Häuseransichten von der Straße aus, die bei Street View zu sehen sind.

Ein übereiltes Gesetz könne "unbeabsichtigte Kollateralschäden" hervorrufen, warnte der Innenminister. Er befürchte beispielsweise, dass die Presse künftig keine Panoramabilder mehr verwenden dürfe.

De Maizière hat für den 20. September zu einer Konferenz eingeladen, an der neben Daten- und Verbraucherschützern auch Google mit am Tisch sitzen soll. Dort wolle er die "Chancen und Grenzen von privaten und öffentlichen Geodaten-Diensten" ausloten. Sollte es nötig sein, sei er anschließend bereit, speziell für Geodaten-Dienste noch im Herbst oder Winter eine Gesetzesnovelle vorzulegen.

Für den Geschmack der Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ist das nicht früh genug: "Das Thema darf nicht auf die lange Bank geschoben werden", sagte sie der Süddeutschen Zeitung. Auch in der Opposition wird Kritik an de Maizières Haltung laut: Die ehemalige Verbraucherministerin und heutige Grünen-Fraktionschefin Renate Künast warf der Bundesregierung vor, "die Entwicklung im Internet verpennt" zu haben.

"Es wird Zeit, dass die Koalition die Rechte der Menschen auf informationelle Selbstbestimmung auch im Internet mit einer Änderung des Datenschutzgesetzes festigt", sagte Künast dem Hamburger Abendblatt. Bislang habe die Regierung "nur muntere Gespräche geführt, aber nicht für eine grundlegende gesetzliche Regelung" gesorgt.

© dpa/afp/rtr/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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