Debatte um Organspendebereitschaft:Bahr sucht Kompromiss

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Die Gespräche sind festgefahren, doch Gesundheitsminister Bahr gibt nicht auf: In einem Brief an die Chefs der Bundestagsfraktionen wirbt er für einen Kompromiss beim Versuch, die Organspendebereitschaft der Deutschen zu erhöhen.

Guido Bohsem

Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) will den festgefahrenen Gesprächen zur Organspende einen neuen Anstoß geben. In einem Brief an die Chefs aller Bundestagsfraktionen außer den Linken wirbt er für einen Kompromiss, den sein Haus erarbeitet hat. "Gemeinsam kann es gelingen, die Spendenbereitschaft mit geeigneten Maßnahmen zu erhöhen", heißt es in dem der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Schreiben. Er präsentiert dabei einen ausformulierten Gesetzestext. Dieser soll zu den Änderungen am Transplantationsgesetz hinzugefügt werden, über die der Bundestag derzeit ohnehin berät.

Nur jeder fünfte Deutsche besitzt solch einen Organspendeausweis. Laut einer Studie würden sich aber 75 Prozent der Befragten bereit erklären, ihre Organe zu spenden. (Foto: dapd)

Ziel ist es nach Bahrs Worten, eine breit angelegte Information der Bevölkerung sicherzustellen. Damit werde die Auseinandersetzung mit dem Thema Organspende befördert und auf eine Erhöhung der Organspenden hingewirkt.

Die Bemühungen, das Thema in einer überparteilichen Initiative der Bundestagsfraktionen zu regeln, waren gescheitert, trotz großer inhaltlicher Nähe. Knackpunkt war vor allem die Frage, wie intensiv die Deutschen mit dem Thema konfrontiert werden sollen. Die SPD plädierte dafür, drei Optionen anzubieten. So sollte es möglich sein, die Bereitschaft zur Spende zu äußern, sie zu verweigern oder zu erklären, dass man sich nicht erklären wolle. Das ging der Union zu weit. Sie will den befragten Bürgern zusätzlich die Möglichkeit einräumen, gar nicht zu reagieren. Gesundheitsminister Bahr versucht nun, seine eigenen Vorstellungen mit denen der Union zu verbinden.

Wie die Union setzt er dabei vor allem auf Information über die Lage der Kranken, die ein Spenderorgan benötigen. So glaubt er, die Spendenbereitschaft erhöhen zu können. In der Begründung für das Vorhaben zitiert sein Haus eine Studie, wonach sich zwar 75 Prozent der Befragten bereiterklären, nach festgestelltem Hirntod eine Niere, eine Leber oder ein Herz zu spenden, nur 25 Prozent aber einen Spenderausweis besitzen.

Aufforderung - aber kein Zwang

Nach Bahrs Plan sollen in Zukunft alle privaten und gesetzlichen Krankenkassen jedes Mal, wenn sie eine neue Versichertenkarte verschicken, eine Infobroschüre zur Organspende beilegen. Darin werden die Versicherten aufgefordert, sich zu entscheiden. Sie müssen dies aber nicht tun, sondern können das Material auch ungelesen in den Müll stecken. Auch wer künftig auf dem Amt einen Führerschein, einen Reisepass oder einen Personalausweis abholt, bekommt ein Infopaket über die Organspende in die Hand gedrückt. Die Länder sollen Sorge dafür tragen, dass das auch klappt.

Zudem sollen zusätzliche Aspekte der Organspende bei der Aufklärung der Bevölkerung berücksichtigt werden. So will Bahr stärker betont wissen, "dass die Entscheidung von den nächsten Angehörigen gefällt werden muss, wenn zu Lebzeiten keine Erklärung zur postmortalen Organ- oder Gewebespende abgegeben wurde". Wer sich durch die staatliche Aufklärungskampagne überzeugen hat lassen, dem stehen laut Bahr zwei Möglichkeiten offen, seine Bereitschaft zur Organspende zu erklären.

Er kann wie bislang einen Spenderausweis ausfüllen. Zusätzlich soll es möglich sein, dies auch auf der elektronischen Gesundheitskarte speichern zu lassen, die seit einigen Wochen von den gesetzlichen Krankenversicherern unters Volk gebracht wird. Weil sich die Privatkrankenversicherung nicht an der Gesundheitskarte beteiligt, bleibt deren Versicherten nur der Weg über den Organspendeausweis.

© SZ vom 07.11.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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