Debatte um Nebeneinkünfte:Steinbrück veröffentlicht Vortragshonorare

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89 Vorträge seit 2009, macht 1,25 Millionen Euro brutto: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hat seine Einkünfte aus Vortragshonoraren im Netz veröffentlicht. Daraus geht hervor, dass sein Standardhonorar 15.000 Euro beträgt - und dass Steinbrück zwei Vorträge nicht ordnungsgemäß beim Parlament offengelegt hat.

Nebeneinkommen in Millionenhöhe: Peer Steinbrück. (Foto: dpa)

15.000 Euro brutto, das war das Standardhonorar. Dafür konnte man Peer Steinbrück gewinnen. Dafür hat der SPD-Kanzlerkandidat Vorträge gehalten, im Sitz der französischen Großbank BNP Paribas in Frankfurt genauso wie bei der Volksbank Geest in Apensen.

Jetzt hat Steinbrück seine Einkünfte aus Vortragshonoraren ins Internet gestellt. Der am Dienstag auf seiner Webseite und dem Internet-Auftritt der SPD einsehbaren Zusammenstellung zufolge nahm der frühere Finanzminister von 2009 bis Mitte Juli 2012 insgesamt 1.251.822,69 Euro brutto ein. Für 89 Vorträge. Die Wirtschaftsprüfer gehen von einem Grenzsteuersatz von 48 Prozent aus.

"Peer Steinbrück hält damit Wort und legt mehr offen, als die Bundestagsregeln verlangen", erklärte dazu die SPD in Berlin.

Steinbrück selbst trat am Vormittag in Berlin vor die Presse. Die Vorwürfe, er sei durch seine Vorträge abhäng von den Auftraggebern geworden, seien "absurd", sagte der frühere Finanzminister. Steinbrück bestritt auch Vorwürfe, er habe wegen seiner vielen Vortragsreisen seine eigentliche Arbeit als Bundestagsabgeordneter vernachlässigt.

Zugleich räumte er ein, zwei Vorträge nicht korrekt dem Bundestag gemeldet zu haben. "Nachlässigkeit von mir. Ich habe es einfach verschwitzt." Die Meldung werde er zügig nachholen. Beide Reden seien "unverdächtig", sie hätten sich auf das Thema Finanzmarktregulierung bezogen, sagte Steinbrück.

Steinbrück sagte, die vielen Vortrags-Anfragen habe er angenommen "in einer Zeit, als weder die SPD noch ich selbst die Idee hatten, wieder in den Ring zu steigen". Zu seinen Fehlzeiten im Bundestag erklärte der Kanzlerkandidat, er sei 2009 und 2010 an sieben Sitzungstagen nicht da gewesen, an denen namentliche Abstimmungen anstanden. 2011 sei er immer da gewesen. Im Übrigen sage Abwesenheit im Plenum nichts über "politische Präsenz" aus, betonte er.

74 der 89 Vorträge seinen mit dem "Standardhonorar" seiner Redneragentur von 15.000 Euro vergütet worden, was netto ungefähr 7300 Euro ausmache, erklärte Steinbrück. In der gleichen Zeit habe er 237 unentgeltliche Vorträge gehalten, betonte er.

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"Die SPD, die mich aufstellt, muss erst noch erfunden werden": Damit lag Peer Steinbrück falsch. Der große Absturz fand nicht statt, die Sozialdemokraten legten unter seiner Führung sogar ein bisschen zu. Ein unkomplizierter Spitzenmann ist er für seine Partei trotzdem nicht gewesen.

Von Sebastian Gierke

[] Der Aufstellung zufolge erhielt Steinbrück 2009 für sechs Vorträge jeweils 15.000 Euro, insgesamt also 90.000 Euro.

[] 2010 erhielt der SPD-Bundestagsabgeordnete für 41 Vorträge Honorare von 551.722 Euro. Für 34 der Vorträge wurden 15.000 Euro bezahlt.

[] 2011 waren es 32 Vorträge für Honorare zwischen 1600 und 25.000 Euro, insgesamt 460.100 Euro.

[] Im Jahr 2011 bekam Steinbrück für 32 Vorträge ein Brutto-Honorar von insgesamt 460.100 Euro. Einmal erhielt er 25.000 Euro, nämlich von der Hellen Medien Projekte GmbH in Bochum für die Teilnahme am "Atriumtalk" der Stadtwerke Bochum. 20.000 Euro kassierte Steinbrück für einen Vortrag bei der Hauptversammlung der Bausparkasse Schwäbisch Hall. Ein weiterer Vortrag war mit 18.000 Euro dotiert, 24 weitere mit je 15.000 Euro.

[] Im Jahr 2012 hielt Steinbrück zehn Vorträge für je 15.000 Euro. Gesamtsumme: 150.000 Euro.

Seine Einkünfte aus Buchverträgen wird Steinbrück nicht veröffentlichen. Er sagte in Berlin, in diesem Fall bestehe keine Gefahr von Abhängigkeiten. Zudem müsse er die Interessen seines Ko-Autors beachten.

Politische Kontrahenten wollten Zweifel an seiner Integrität säen, sagte Steinbrück. Die Anschuldigungen würden von Parteien erhoben, die sich weigerten, die Richtlinien der UN gegen Abgeordneten-Bestechung umzusetzen, erklärte er mit Blick auf CDU, CSU und FDP. "Mit meiner Veröffentlichung möchte ich ein Beispiel geben, das jetzt andere Parteien im Deutschen Bundestag aufnehmen sollten", sagte der Kanzlerkandidat. Die Transparenzrichtlinien für die Abgeordneten sollten deutlich verschärft werden.

In dem Bericht jedenfalls wird detailliert ausgewiesen, wer die jeweiligen Auftraggeber Steinbrücks waren. In mehr als 40 Fällen war es die Finanzwirtschaft, einige Sparkassen, die Deutsche Bank, Finanztagungen. Aber auch die Alliance Möbel Marketing findet sich darunter oder Deutschlands größtes Trinkwasserversorgungsunternehmen Gelsenwasser.

In gut einem Drittel der Fälle waren die Auftraggeber Redneragenturen, doch auch in diesen Fällen kann man dem Bericht entnehmen, zu welchem Thema Steinbrück gesprochen hat und auf welcher Veranstaltung. Am 20. Januar 2010 wurde Steinbrück beispielsweise von der in Großbritannien ansässigen Redneragentur Celebrity Speaker engagiert, um beim 20. Investorenforum der Investmentbank JP Morgan zu sprechen. Das London Speaker Bureau engagierte ihn für einen Vortrag auf der DWS Investment-Konferenz 2010.

Die von Steinbrück beauftragten Wirtschaftsprüfer beanstanden in dem Bericht, dass der Kanzlerkandidat zwei Vorträge nicht ordnungsgemäß beim Parlament offengelegt habe. Ein Vortrag am 13. Oktober 2011 und einer am 19. Oktober 2011 "wurden nach Aktenlage nicht entsprechend den Verhaltensregeln für Mitglieder des Deutschen Bundestages angezeigt", heißt es in dem am Dienstag auf Steinbrücks Internetseite veröffentlichten Bericht. Die Reden wurden bei der Kerkhoff Consulting GmbH und der Südwestbank AG gehalten.

Der Koordinator der SPD-Linken im SPD-Parteivorstand, Ralf Stegner, äußerte sich kritisch zur Höhe der Nebeneinkünfte Steinbrücks. "Es ist natürlich klar, dass auch die meisten Parteimitglieder eine solch hohe Summe immer skeptisch sehen werden", sagte Stegner der Welt. Er hob aber auch hervor, der frühere Finanzminister habe sich "an Recht und Gesetz gehalten". Stegner forderte zugleich Union und FDP auf, jetzt "ihre Scheinheiligkeit hinter sich zu lassen" und ebenfalls die Nebeneinkünfte ihrer Abgeordneten offenzulegen.

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