Bundestagspräsident reagiert auf Kritik von Ökonomen:Lammert watscht Euro-Experten ab

Retourkutsche gegen die Ökonomen: Ihre Ratschläge hätten sich in der Krise als nicht hilfreich erwiesen, sagt Bundestagspräsident Norbert Lammert und reagiert damit auf den Euro-Appell der Experten um Hans-Werner Sinn. Auf Fachleute sei kein Verlass.

Bundestagspräsident Norbert Lammert schaltet sich in den Streit unter Ökonomen zu Auswegen aus der Euro-Schuldenkrise ein. Der CDU-Politiker setzte in einem Interview mit dem SWR zu einem Rundumschlag gegen die Experten-Zunft an.

Die Fachleute hätten sich in der Krise als nicht hilfreich erwiesen, sagte er. "Von allen denkbaren Verfahren in der Bewältigung dieser Krise in den vergangenen Monaten ist das am wenigsten taugliche die Umsetzung von Expertenempfehlungen gewesen."

Zwar hätten sich Fachleute zu jeder denkbaren Option geäußert. Es gebe aber zu keiner einzigen relevanten Frage eine gemeinsame Expertenmeinung. "Würden sich darauf politische Entscheidungsinstanzen verlassen wollen, würden sie damit ihre Entscheidungsunfähigkeit zu Protokoll geben."

Das Ringen um Lösungen der Schuldenkrise spaltet Deutschlands Top-Ökonomen. Etwa 170 deutschsprachige Volkswirte hatten die Beschlüsse des jüngsten Euro-Gipfels massiv kritisiert. Die Fachleute um Ifo-Chef Hans-Werner Sinn hatten in einem offenen Brief gewarnt, die geplante Bankenunion schaffe neue Haftungsrisiken für deutsche Steuerzahler. (Einen Überblick über den Streit der Wissenschaftler gibt es in diesem SZ-Artikel.)

Kanzlerin Angela Merkel, Finanzminister Wolfgang Schäuble und die Opposition hatten dies entschieden zurückgewiesen. Schäuble nannte die Argumentation eine Verwirrung der Öffentlichkeit.

Auch aus der eigenen Zunft kam Widerspruch. In Repliken anderer Wirtschaftswissenschaftler hieß es etwa, die Beschlüsse auf dem EU-Gipfeltreffen gingen in die richtige Richtung.

Inhaltlich geht es bei dem Streit um die Frage, ob der Euroraum künftig insgesamt für die Risiken bei Banken in einzelnen Ländern haftet. Unter der sogenannten Bankenunion werden in der Regel eine gemeinsame Aufsicht und Einlagensicherung sowie staatenübergreifende Hilfen zur Rekapitalisierung von Geldhäusern verstanden.

© Süddeutsche.de/dpa/dapd/mikö - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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